Normalerweise verhindern Frostschutzmittel das Einfrieren, aber Wissenschaftler fanden die Zusammensetzung eines Frostschutzmittels, welches sich möglicherweise auf Saturns größten Mond Titan innerhalb eines eisähnlichen Gitters verfangen hat.
Diese Entdeckung könnte die Denkweise der Forscher über die Evolution und Entwicklung von möglichem Leben auf Titan und auch auf anderen eisigen Himmelskörpern beeinflussen.
Titan, der größer ist als der Planet Merkur, ist außer der Erde der einzige Himmelskörper auf dessen Oberfläche es Flüssigkeit gibt. Diese Seen bzw. Meere, die nicht aus Wasser sondern aus flüssigem Methan sind, haben oft zu Spekulationen geführt, ob sie die Entstehung von Leben unterstützen könnten.
Neben Meeren auf der Oberfläche entdeckten Forscher Hinweise auf einen eventuell vorhandenen wässrigen unterirdischen Ozean. Forscher vermuten, dass dieser unterirdische Ozean Frostschutzmittel-Moleküle enthält, welche den Gefrierpunkt von Eis unter den normalen Gefrierpunkt von Wasser absenken. Versteckte Wasserozeane könnten auch auf anderen Eismonden wie den Jupitersatelliten Ganymed, Callisto und Europa existieren. Solch wässrige Ozeane schaffen die Möglichkeit, dass Leben wie wir es kennen unter den eisigen Kruste beheimatet sein könnte, denn das Leben existiert praktisch überall wo es Wasser auf der Erde gibt.
Eine mögliche Frostschutzmittel-Verbindung auf Titan könnte Ammoniak sein, das üblicherweise als Dünger oder Haushaltsreiniger Verwendung findet. Ein weiteres Mittel könnte die einfachste Art von Alkohol, Methanol sein, der bei Genuss zur Erblindung und bei höheren Dosen sogar zum Tod führen kann. Schätzungen zufolge gibt es einen mindestens 90 Kilometer dicken unterirdischen Wasserozean; sofern er rund 4 Prozent Methanol oder 1 Prozent Ammoniak enthält.
Obwohl Ammoniak als Frostschutzmittel dienen kann, haben frühere Studien des Chemikers John Ripmeester und seiner Kollegen vom National Research Council of Canada in Ottawa gezeigt, dass es dennoch innerhalb von eisähnlichen Gittern als *Clathrat-Hydrate gefangen sein kann. Allerdings gab es in rund 70 Jahren Forschung wenig oder gar keinen direkten Beweis dafür, dass in Clathrate Methanol eingeschlossen ist. Methanol wird daher oft von der Industrie verwendet, um Clathrat-Hydrate innerhalb von Öl- und Gas-Pipelines zu verhindern.
Es ist allgemein bekannt, dass Methanol sich wie ein Frostschutzmittel verhält und daher nicht in Hydrat-Hohlräume eindringen sollte. Nun haben Ripmeester und seine Mitarbeiter tatsächlich Methanol innerhalb von Clathrat-Hydraten einfangen können.
Methanol wird in der Industrie verwendet, um die Bildung von Hydraten zu vermeiden, obwohl es eigentlich bei niedrigen Temperaturen ein Promoter für die Hydrat-Bildung ist, sagte Ripmeester.
Die Wissenschaftler probierten zunächst Clathrate nicht aus Wassereis sondern aus organischen Verbindungen zu bekommen. Bei Temperaturen von null Grad Celsius sowie Röntgenstrahlen-Beugung und Kernspinresonanz-Spektroskopie könnte Methanol innerhalb dieser Clathrat-Gitter eingebaut werden.
Die Forscher fanden heraus, dass Lösungen aus Wasser und Methanol nicht gefrieren um Clathrathhydrate zu bilden. Allerdings zeigten Experimente und Molekulardynamik-Simulationen, dass Lösungen aus Wasser, Methanol und Methan solch eisähnliche Käfige bilden könnten.
Diese Ergebnisse werfen Fragen auf, ob und wie Methanol verwendet werden kann um in Zukunft Clathratbildung in Pipelines zu verhindern, vor allem in polaren Klimazonen und in den Tiefen der Meere.
Durch die begünstigte Bildung von Methan-Clathrath-Hydraten auf eisigen Himmelskörpern könnten durch Methanol auch die relativ hohe Konzentrationen von Methan und anderen Kohlen-Wasserstoffen an der Oberfläche von Saturns Mond Enceladus erklärt werden, trotz der vorherrschenden Meinung, dass die meisten dieser Kohlenwasserstoffe einst in der Atmosphäre vorhanden waren bevor sie die Oberfläche anreicherten. Da die Temperaturen schwanken, konnten die mit Methanol beladenen Clathrathydrate brechen und Methanol abgeben.
Diese neuen Erkenntnisse könnte die Entwicklung neuer Modelle für eisige Monde oder Planeten beeinflussen.
Diese Entdeckung könnte sehr nützlich sein in Bezug auf die Möglichkeit von Leben auf fremden Welten, zum Beispiel könnten Clathrat-Hydrate die wichtigsten Zutaten für die Entstehung von Leben wie Wasser, Ammoniak und Methanol zusammen bringen. Die Nähe dieser verschiedenen Moleküle ergibt ein günstiges Umfeld für die Herstellung komplexer organischer Verbindungen, sagt Ripmeester. Und diese Moleküle könnten letztendlich als Grundlage für das Leben dienen.
Zwei Ansichten von Titans-Topographie.
Bild: NASA / JPL-Caltech / ASI / JHUAPL / Cornell / Weizmann
Um die erste globale topographische Karte des Saturn-Mondes zu erstellen, analysierten Wissenschaftler Daten von der Raumsonde Cassini mit einem mathematischen Prozess namens "Splining". Diese Methode nutzt effektiv glatte und gekrümmte Oberflächen, um die Bereiche zwischen den Gittern der vorhandenen Topographie-Profile miteinander zu verbinden.
In der oberen Grafik zeigt die Farbe Gold, wo Radarbilder von fast der Hälfte der Titan- Oberfläche gewonnen worden sind. Darüber wurde eine blau getönte nahezu globale Karte gelegt, die vom visuellen und infraroten abbildenden Spektrometer stammen.Innerhalb der Goldlinien zeigen schmale Streifen in den Regenbogenfarben, wo Höhendaten gewonnen wurden.
Der untere Teil der Grafik zeigt die neue Topographie-Karte mit Höhenlinien im Abstand von 200 Metern zueinander, um die Interpretation der Daten zu erleichtern. Bemerkenswert ist die Depression in der südlichen Polarregion und das Erkennen von vier Bergen. Eine dunkle Region bei 50 - 65 Grad südlicher Breite und 0 - 60 Grad östlicher Länge befindet sich innerhalb einer großen Depression. Die Radar- und VIMS-Daten wurden stammen aus den Jahren 2004 bis 2011.
Über das Ergebnis dieser Studie wurde in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences vom 21.Mai detailliert berichtet.
*Clathrate: Einschlussverbindungen zweier Stoffe, von denen ein Gastmolekül in das Gitter eines Wirtsmoleküls eingelagert ist.
*Hydrate: Sind in der Chemie allgemein Substanzen, die Wasser enthalten.
27. Juni 2013/SP
Verein Kuffner-Sternwarte