Wissenschaftler entdeckt Plattentektonik auf dem Mars
Schon seit Jahren sind viele Forscher der Meinung, dass Plattentektonik nur auf der Erde und sonst nirgendwo im Sonnensystem stattfindet. Nun hat ein Wissenschaftler der Universität von Kalifornien/Los Angeles (UCLA) entdeckt, dass es dieses geologische Phänomen - die Bewegungen riesiger Krustenplatten unter einer Planetenoberfläche - auch auf dem Mars gibt.
An Yin, ein UCLA-Professor für Geo- und Weltraumwissenschften und alleiniger Autor dieser Forschungsarbeit ist der Meinung, dass es auf dem Mars eine primitive Form der Plattentektonik gibt, die uns einen Einblick ermöglicht, wie die frühe Erde ausgesehen haben mag. Dies kann uns auch helfen zu verstehen, wie die Plattentektonik einst auf der Erde begann.
Yin machte diese Entdeckung bei der Analyse von Satellitenbildern, die von den Instrumenten THEMIS (Raumsonde Mars Odyssey) und HiRISE (Mars Reconnaissance Orbiter) stammen. Yin analysiere etwa 100 Satellitenbilder und fand auf rund einem Dutzend dieser Bilder Hinweise auf Plattentektonik.
Yin hat im Himalaya und in Tibet, wo zwei von den sieben großen Platten aufeinander treffen, geologische Forschungen durchgeführt. Und als Yin die Satellitenbilder vom Mars studierte, fand er viel geologische Strukturen, die denen im Himalaya und in Tibet aber auch in Kalifornien ähneln; einschließlich der Geomorphologie.
Zum Beispiel bemerkte er eine sehr glatte flache Seite einer Felswand, die nur durch eine geologische Verwerfung erzeugt worden sein konnte, sowie eine steile Klippe, die mit Felsen im kalifornischen Death Valley vergleichbar ist. Mars hat eine lineare vulkanische Zone, welche nach Meinung von Yin ein typisches Produkt einer Plattentektonik ist. Solche Strukturen sieht man auf keinem anderen Planeten in unserem Sonnensystem, nur auf der Erde und auf dem Mars.
Die Oberfläche des Mars enthält das längste und tiefste System an Canyons in unserem Sonnensystem, das Valles Marineris. Es wurde benannt nach dem Marsorbiter Mariner 9, der dieses System entdeckte und von 1971 bis 1972 erforschte. Es ist rund 4000 km lang und damit etwa neunmal länger als der Grand Canyon. Wissenschaftler fragen sich seit vier Jahrzehnten, wie Valles Marineris entstanden sein könnte. War es vielleicht ein großer Spalt, der sich in der Marskruste aufat?
Anfangs vermutete Yin auch nicht, dass das Valles Marineris durch Plattentektonik entstand. Aber je mehr er die Aufnahmen studierte, desto mehr wurde ihm klar, dass dies nicht nur ein großer Spalt ist der sich einst öffnete, sondern tatsächlich eine Plattengrenze ist mit horizontaler Bewegung. Der Beweis scheint ganz klar vorhanden zu sein.
Die Kruste scheint gebrochen und über eine lange Distanz horizontal bewegt worden zu sein. Es ist ähnlich wie bei der Region um das Tote Meer. Dort bewegen sich die afrikanische und die asiatische Platte mit einer Geschwindigkeit von vier Millimetern pro Jahr aneinander vorbei und verursachen immer wieder schwere Beben.
Die beiden Platten, die das Valles Marineris geteilt haben, haben sich etwa 150 km horizontal relativ zueinander bewegt, sagte Yin. Die Kalifornische Sankt-Andreas-Verwerfung, an der die Pazifische Platte an der Nordamerikanischen Platte vorbei driftet, bewegt sich etwa doppelt so viel. Aber da die Erde etwa doppelt so groß wie der Mars ist, sind die Bewegungen vergleichbar.
Yin, dessen Forschung zum Teil von der National Science Foumdation finanziert wird, nennt die beiden Platten auf dem Mars Valles Marineris Nord und Valles Marineris Süd.
Da die Erde eine in viele Teile zerbrochene Kruste hat gibt es auf der Erde viele Platten, während dies beim Mars bis jetzt noch nicht der Fall ist. Aber der Mars ist auf dem besten Weg, auch eine stark zerbrochene Kruste zu bekommen, es sei denn, dass sich das Tempo aufgrund seiner geringeren Größe und somit geringerer thermischer Energie verlangsamt.
Bis jetzt konnten nur die beiden Platten identifiziert werden. Für andere Marsregionen sind die Chancen sehr, sehr klein, weil keine anderen große Risse erkennbar sind.
Die Forschungsarbeit von Yin erscheint als Titelgeschichte in der August-Ausgabe der Zeitschrift "Lithosphäre".
16. August 2012/SP
Verein Kuffner-Sternwarte