Gibt es auf Triton
einen unterirdischen Ozean?
Triton wurde schon 1846 vom britischen Astronomen William Lassell entdeckt, aber dennoch gibt der größte Mond Neptuns immer noch Rätsel auf. Als die Raumsonde Voyager 2 im Jahr 1989 am Neptun-System vorbeiflog, ergab ein kurzer Blick auf den Neptun-Satelliten, dass seine Oberfläche hauptsächlich aus Wassereis besteht.
Weiters fand man auf des Mondes Oberfläche Stickstoff, Methan und Kohlendioxid. Da Tritons Dichte mit rund 2 g/cm³ relativ hoch ist, vermuten Forscher, dass Triton einen großen Kern aus Silikatgestein besitzt. Ferner besteht die Möglichkeit, dass sich ein flüssiger Ozean zwischen dem felsigen Kern und der eisigen Oberfläche gebildet hat. Wissenschaftler haben nun untersucht, ob dieser Ozean bis heute überlebt haben könnte.
Triton ein eingefangenes Kuiper-Gürtel-Objekt
Triton hat eine einzigartige Eigenschaft unter den großen Monden des Sonnensystems; er hat eine retrograde Umlaufbahn. Planeten bilden sich aus der zirkumstellaren Scheibe aus Gas und Staub, die einen jungen Stern umgibt. Und da diese Scheibe den Stern in einer Richtung umkreist, müssen Planeten und ihre Monde den Stern in der gleichen Richtung umrunden.
Diese Umlaufbahnen werden prograd genannt, während Objekte die entgegen dieser Richtung einen Planeten umlaufen retrograde Umlaufbahnen haben. Die retrograde Umlaufbahn Tritons bedeutet, dass er höchstwahrscheinlich nicht um Neptun entstanden ist.
Das junge Sonnensystems war ein Ort dynamischer Gewalt, in dem viele Objekte ihre Umlaufbahnen änderten und dabei oftmals zusammen stießen. Triton stammt wahrscheinlich aus dem Kuiper-Gürtel und wurde durch eine zu enge Begegnung mit einem anderen größeren Objekt nach innen katapultiert und von der Gravitation Neptuns eingefangen. Gleich nach dem Einfang hatte der Mond vermutlich eine stark elliptische und exzentrische Umlaufbahn.
Eine solche Umlaufbahn löste heftige Gezeiten auf dem Mond aus und durch die Reibung dieser Gezeiten ging Energie verloren. Der Energieverlust wurde innerhalb des Mondes in Wärme umgewandelt und diese Wärme könnte einen Teil des eisigen Inneren zum Schmelzen gebracht haben, so dass ein Ozean unter der Eiskruste entstand. Der Energieverlust durch die Gezeiten ist auch verantwortlich für die schrittweise Veränderung von Tritons Umlaufbahn von einer Ellipse hin zu einem Kreis.
Innere Erwärmung
Reibung durch Gezeiten ist nicht die einzige Wärmequelle in einem terrestrischen Objekt, es gibt auch jene Wärme, die durch den Zerfall radioaktiver Isotope in Inneren eines Mondes oder eines Planeten entsteht. Ein solcher Prozess kann Wärme über Milliarden von Jahren erzeugen.
Wärme durch radioaktiven Zerfall trug mehr zum Erwärmen von Tritons Innerem bei als die Gezeitenreibung. Aber diese Wärme alleine reicht nicht aus, um einen unterirdischen Ozean über 4,5 Mrd. Jahre in flüssigem Zustand zu halten. Der Wärmeverlust durch Gezeitenreibung behindert das Wachstum des Eises an der Unterseite der Eisschale die den Mond umgibt. Der Wärmeverlust ist bei größerer Bahn-Exzentrizität stärker und hat daher bei der Erwärmung Tritons in der Vergangenheit eine größere Rolle gespielt als heute.
Während die Konzentration der Verlustleistung nahe der Unterseite der Eisschale seit einiger Zeit bekannt war, glauben Forscher der Universität Maryland dass ihre Arbeit erstmals zeigt, dass die Verlustleistung in der Tat die Geschwindigkeit des Einfrierens steuert und nachhaltig den unterirdischen Ozean beeinflusst. Die Erwärmung durch radioaktiven Zerfall heizt die Eisschale gleichmäßig auf und das hat somit keinen so großen Einfluss wie die Verlustleistung der Gezeitenreibung.
Aufrechterhaltung des Ozeans
Der genaue Zeitpunkt, wann Triton von Neptun eingefangen wurde, einschließlich der Zeit, welche die Umlaufbahn benötigte um zu einer kreisähnlichen Bahn zu gelangen, ist unbekannt. Tritons Umlaufbahn ist derzeit fast exakt kreisförmig. Zu erforschen, wie sich Umlaufbahn im Laufe der Zeit entwickelt hat wäre wichtig, denn nur dann kann festgestellt werden ob das Ausmaß der Gezeitenreibung ausreichte, damit heute noch ein unterirdischer Ozean existieren könnte.
Als Triton auskühlte, begann die Eisschicht um ihn zu wachsen und drohte den darunter liegenden Ozean zu verschlingen. Die Forscher sind nun dabei herauszufinden, wie die Dicke der Eisschicht die Gezeiten-Verlustleistung beeinflussen konnte und damit auch die Kristallisation des unterirdischen Ozeans.Wenn die Eisschale dünn war, hatten die Gezeitenkräfte eine größere Wirkung und verstärkten die Erwärmung. Wenn die Eisschicht dick war, dann war der Mond starr und es gab weniger Erwärmung durch Gezeitenreibung.
Die Forscher halten es für sehr wahrscheinlich, dass ein an Ammoniak reicher unterirdischer Ozean auf Triton existiert. Da es aber eine Reihe von Wissenslücken über Tritons Aufbau und über seine Vergangenheit gibt ist es schwierig, genaueres mit Sicherheit sagen zu können.
Zum Beispiel ist die genaue Größe von Tritons Gesteinskern unbekannt. Wenn sich herausstellt, dass der Kern größer ist als bisher angenommen, dann gab es auch mehr Erwärmung durch Radioaktivität und in der Folge einen größeren Ozean. Auch die Tiefe des Ozeans wäre nicht überall gleich. Die Gezeiten-Verlustleistung war an den Polen vermutlich größer was bedeutet, dass ein Ozean dort eine größere Tiefe hätte.
Ferner ergaben jüngste Berechnungen, dass eisige Objekte im äußeren Sonnensystems bis zu 15% aus Ammoniak bestehen. Und an Ammoniak reiches flüchtiges Material hat einen tieferen Gefrierpunkt als wenn kein Ammoniak vorhanden ist. Dies erhöht die Chance auf das Vorhandensein eines unterirdischen Ozeans.
Leben im Ozean
Unterirdische Ozeane auf eisigen Objekten im Sonnensystem könnten potentielle Lebensräume für primitives extraterrestrische Leben sein. Jupiters Mond Europa ist der derzeit führende Kandidat für einen solchen Lebensraum, obwohl es noch viele Diskussionen darüber geben wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den Tiefen eines Triton-Ozeans Leben gibt, ist zwar viel kleiner als auf Europa, kann aber nicht ganz ausgeschlossen werden.
Das auf Triton vermutlich vorhandene Ammoniak könnte den Gefrierpunkt des Wassers so weit absenken, dass er besser geeignet für Leben wäre. Die Temperatur des Ozeans ist wahrscheinlich immer noch bei 176 K (minus 97 °C). Eine so tiefe Temperatur würde biochemische Reaktionen deutlich verlangsamen und deren Entwicklung behindern. Aber es wurden terrestrische Enzyme gefunden, die biochemische Reaktionen bis auf Temperaturen von 170 K haben können.
Eine weitere, wenn auch entfernte Möglichkeit besteht darin, dass Triton Silizium-basiertes Leben beherbergen könnte, vorausgesetzt, dass Silizium tatsächlich als Grundlage für das Leben anstelle von Kohlenstoff Verwendung finden kann. Silane (bestehen aus einem Silizium-Grundgerüst und Wasserstoff) wären die strukturelle Analogie zu Kohlenwasserstoffen und könnten unter den richtigen Bedingungen als Bausteine für Leben dienen.
Aufgrund der eisigen Temperaturen und der geringen Häufigkeit von Kohlenstoffen könnte Triton ein geeigneter Platz für Silizium-basiertes Leben sein. Aber über das Verhalten der Silane unter solch ungewöhnlichen Bedingungen ist zu wenig bekannt, so dass man nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob ein solches Leben überhaupt existieren könnte.
8. September 2012/SP
Verein Kuffner-Sternwarte