Aurora über Uranus
Erstmals haben Wissenschaftler von der Erde aus Polarlichter über dem großen Eisplaneten Uranus fotografiert; ein weiterer Beweis für die Komplexität dieser fremdartigen fernen Welt ist. Entstanden sind die Aufnahmen durch sorgfältige Beobachtungen mit dem Hubble Space Telescope, der die Licht-Show von kurzlebigen, schwach leuchtenden Punkten über Uranus eingefangen hat - ein himmelhoher Unterschied zu den bunten Vorhängen aus Licht, der oft die Erdpole umringt.
Die Forscher erfassten die leuchtenden Punkte zweimal auf der Tagseite des Uranus. Jene Seite, die vom Hubble aus sichtbar war. Bis dahin wurde diese ferne Aurora nur von Instrumenten gemessen, die auf einem vorbeifliegenden Raumschiff montiert waren. Anders als die Polarlichter auf der Erde, die den Himmel oft stundenlang in Grün- und Lila tauchen, dauerten die neuentdeckten Polarlichter auf Uranus nur einige Minuten.
Im allgemeinen sind Polarlichter ein Merkmal der Magnetosphäre, die einen Planeten umgibt. Wenn sich durch Eruptionen auf der Sonne der Strom geladener Teilchen intensiviert und diese Teilchen auf das Magnetfeld der Erde treffen, werden sie zu den Magnetpolen hin abgelenkt und dringen in diesen Gegenden in die Hochatmosphäre der Erde ein. Sie stoßen dort vor allem mit den Sauerstoff- und Stickstoffatomen zusammen und bringen sie zum Leuchten. Aber im Gegensatz zur Erde - oder auch Jupiter und Saturn - weiß man über die Magnetosphäre des Uranus nur sehr wenig, sagte Laurent Lamy vom Pariser Observatorium in Meudon, der diese neue Studie leitete.
Die Ergebnisse des Teams, das aus Forschern aus Frankreich, Großbritannien und den USA besteht, wurden am 14. April 2012 in den Geophysical Research Letters veröffentlicht.
Polarlichter auf Uranus sind schwächer als auf der Erde und der Planet ist mit mehr als 4 Milliarden Kilometern auch viel weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Frühere Versuche, die schwachen Polarlichter aufzunehmen, waren nicht schlüssig. Einen letzten guten Blick auf die Uranus-Polarlichter hatten die Astronomen vor 25 Jahren, als die Raumsonde Voyager 2 am Planeten vorbei sauste und Spektren von der Strahlung aufnahm.
Dieser Planet wurde während des Voyager-Vorbeiflugs im Jahr 1986 erstmals im Detail untersucht. Und seit damals hatten die Forscher keine Möglichkeiten mehr, neue Beobachtungen dieser sehr ungewöhnlichen Magnetosphäre durchzuführen.
Planetologen wissen, dass Uranus aufgrund der Ausrichtung seiner Drehachse ein Sonderfall unter den Planeten des Sonnensystems ist. Während die anderen Planeten bei geringer Neigung ihrer Rotationsachsen um die Sonne laufen, dreht sich Uranus quasi liegend um die Sonne.
Die Forscher vermuten, dass die ungewöhnliche Erscheinung der kürzlich beobachteten Polarlichter auf Uranus auf dessen merkwürdige Rotation und eigentümliche Lage seiner magnetischen Achse zurück zu führen ist. Die Neigung der Feldachse zur Rotationsachse beträgt etwa 60 Grad, was erheblich mehr ist als bei den anderen Planeten. Wissenschaftler vermuten, dass das Uranus-Magnetfeld durch einen salzigen Ozean im Inneren des Planeten erzeugt wird, was eine Erklärung für die außer-mittige magnetische Achse wäre.
Die Polarlichter aus dem Jahr 2011 unterscheiden sich nicht nur von den Polarlichtern auf der Erde, sondern auch von jenen, die Voyager 2 im Jahr 1986 beobachtet hat. Damals war Uranus nahe der Sonnenwende - seine Rotationsachse war auf die Sonne gerichtet. In dieser Konfiguration stand die Achse des Magnetfelds weit unterhalb der heranströmenden Sonnenwindpartikel, wodurch eine Magnetosphäre ähnlich wie auf der Erde entstand, wenn auch mit mehr Dynamik. Unter diesen Bedingungen dauerten die Polarlichter länger als die vor kurzem gesichteten. Vor allem wurden sie auf der Nachtseite des Planeten gesehen, so wie dies in der Regel auf der Erde beobachtet wird. Mit Hubble kann man aber die Nachtseite des Planeten nicht beobachten, so dass die Forscher nicht wissen können, welche Arten von Polarlichtern, wenn überhaupt, dort generiert werden.
Die neue Serie von Beobachtungen wurde jedoch gemacht, als der Planet nahe seinem Äquinoktium war, also wenn des Uranus Rotationsachse auf die Sonne zielte und daher direkt dem Sonnenwind ausgesetzt war. Da die magnetische Achse gekippt ist, verursacht die tägliche Rotation des Uranus in der Zeit rund um das Äquinoktium, dass jeder seiner magnetischen Pole einmal am Tag Richtung Sonne steht. Dies verursacht wahrscheinlich eine ganz andere Art von Aurora als diejenige, die bei der Sonnenwende beobachtet wurde.
Die Bilder von den Polarlichtern des Uranus resultieren aus einer Kombination von Glück und sorgfältiger Planung. Im Jahr 2011 sind Erde, Jupiter und Uranus nahezu in einer Linie, so dass der Sonnenwind erst Erde und Jupiter passierte ehe er auf Uranus traf.
Als die Sonne Mitte September 2011 mehrere große Ausbrüche von geladenen Teilchen hatte, haben Forscher Satelliten in der Erdumlaufbahn verwendet, um die Ankunft des Sonnenwinds zwei bis drei Tage später zu überwachen. Zwei Wochen später erreichte der Sonnenwind bei einer Geschwindigkeit von 500 Kilometern pro Sekunde Jupiter und Mitte November Uranus. Und dies war auch die Zeit, in der das Team um Laurent Lamy Beobachtungszeit am Hubble Space Telescope hatte.
Um die Magnetosphäre des Uranus besser zu verstehen könnte es den Forschern helfen, wenn sie ihre Theorien über das Funktionieren der Magnetosphäre der Erde testen könnten. Es gibt zwar Ideen, wie die Dinge auf der Erde und auf Orte wie Jupiter und Saturn funktionieren, aber wie dies bei Uranus vor sich geht, darüber wissen die Forscher noch recht wenig.
19. April 2012/SP
Verein Kuffner-Sternwarte