Eis und Methan auf 2007 OR10
Astronomen vom California Institute of Technology (Caltech) entdeckten, dass das Transneptun-Objekt 2007 OR10 (Spitzname Snow White bzw. Schneewittchen) eine Welt ist, dessen Oberfläche etwa zur Hälfte mit Wassereis bedeckt ist.
Wassereis, das einst aus von Schneematsch speienden Vulkanen geflossen sein mag. Diese neuen Erkenntnisse lassen vermuten, dass der rötlich gefärbte TNO mit einer dünnen Schicht aus Methan bedeckt ist, die der Überrest einer Atmosphäre sein dürfte die langsam in den Weltraum driftete.
2007 OR10, der ein Kandidat für die Klasse der Zwergplaneten ist, war einst eine kleine aktive Welt mit Wasser speienden Vulkanen und einer Atmosphäre. Jetzt ist diese Welt eingefroren, tot, mit einer Atmosphäre, die sich langsam in den Weltraum verflüchtigte. Dies sagte der Planetologe Mike Brown, führende Autor eines Artikels in den Astrophysical Journal Letters, in welchem die Ergebnisse bekannt gegeben werden.
Snow White - der im Jahr 2007 als Teil einer Doktorarbeit der Brown-Schülerin Meg Schwamb entdeckt wurde - umkreist die Sonne am Rande des Sonnensystems und ist etwa halb so groß wie Pluto. Als das Objekt entdeckt wurde vermutete Brown, dass 2007 OR10 ein eisiger Brocken ist, der einst Teil des Zwergplaneten Haumea war. Er nannte das Objekt Snow White (Schneewittchen) wegen der vermeintlich weißen Farbe.
Nachträgliche Beobachtungen zeigten jedoch, dass Schneewittchen tatsächlich eines der rötlichsten Objekte im Sonnensystem ist. Soweit die Forscher feststellen konnten, war Snow White zwar relativ groß aber unauffällig. Snow White war nur einer von zahlreichen potenziellen Zwergplaneten unter den vielen KBOs.
Zur Zeit der Entdeckung war die Near Infrared Camera (NIRC) am Keck-Observatorium, welches Caltech-Professor Tom Soifer und der Verantwortliche für das Hauptinstrument, Keith Matthews, in den 1990er Jahren entwickelten, das beste Instrument zum Studieren der KBOs. Aber NIRC war gerade stillgelegt worden und so konnte von niemandem 2007 OR10 im Detail erforscht werden.
Inzwischen konnte Adam Burgasser, ein ehemaliger Doktorand von Brown und heute Professor an der UC San Diego, ein neues Instrument namens Folded-port Infrared Echellette (FIRE) entwickeln. Im vergangenen Herbst konnte dann von Brown, Burgasser und Postdoc-Stipendiat Wesley Fraser mit FIRE am 6,5 m Magellan Baade Teleskop in Chile ein genauerer Blick auf 2007 OR10 geworfen werden.
Wie erwartet, war Snow White rötlich. Aber zur Überraschung der Forscher zeigte das Spektrum, dass die Oberfläche mit Wassereis bedeckt ist. Wassereis ist aber nicht rötlich. Obwohl Eis im äußeren Sonnensystem häufig anzutreffen ist, es es fast immer weiß.
Es gibt jedoch andere Objekte, die sowohl rötlich als auch mit Wassereis bedeckt sind; z. B der Zwergplanet Quaoar, der 2002 entdeckt wurde. Er ist zwar etwas kleiner als Snow White, aber immer noch groß genug, um eine Atmosphäre und eine Oberfläche mit Vulkanen zu haben, die eisigen Matsch ausstießen, der sich über die Oberfläche ergoss und gefror. Aber weil Quaoar nicht so groß ist wie die Zwergplaneten Pluto und Eris, konnte er so flüchtige Verbindungen wie Methan, Kohlenmonoxid und Stickstoff nicht so lange halten. Er begann seine Atmosphäre an den Weltraum zu verlieren und nur Methan blieb übrig.
Im Laufe der Zeit hat die Weltraumstrahlung das Methan - welches aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen besteht - in lange Kohlenwasserstoffketten verwandelt die rot aussehen. Wie der Frost, der einen Rasen an einem kalten Morgen bedeckt, bedeckt das bestrahlte Methan die eisige Oberfläche Quaoars und verleiht ihm einen rosigen Schimmer.
Das Spektrum von 2007 OR10 sieht ähnlich aus wie das von Quaoar, was darauf hindeutet, dass ähnliches auch auf 2007 OR10 passiert. Brown ist der Meinung, dass wir jetzt den letzten Atemzug von Snow White sehen. Seit 4,5 Mrd. Jahren sitzt Snow White da draußen und verliert langsam seine Atmosphäre. Jetzt ist kaum mehr was davon übrig.
Obwohl das Spektrum von Snow White deutlich die Anwesenheit von Wassereis zeigt, ist der endgültige Beweis für Methan noch nicht erbracht. Um diese herauszufinden, werden die Astronomen das große Keck-Observatorium einsetzen. Wenn sich bestätigen sollte, dass es auf Snow White tatsächlich Methan gibt, würden der Zwergplanetenkandidat Snow White und der Zwergplanet Quaoar die Verbindung darstellen zwischen den Handvoll Objekten die groß genug sind um flüchtige Verbindungen halten zu können und den zahlreichen kleinen KBOs.
Eine weitere Aufgabe ist, sagte Brown, 2007 OR10 einen offiziellen Namen zu geben, da "Snow White" nur der Spitzname ist den seine Kollegen benutzen. Dieser Spitzname macht für das rötliche Objekt jetzt keinen Sinn mehr.
Ferner mag vor der Entdeckung von Wassereis und Methan die Bezeichnung "2007 OR10" für die astronomische Gemeinschaft genügt haben, da das Objekt nicht bemerkenswert genug war um einen offiziellen Namen zu rechtfertigen. Aber jetzt wissen die Forscher, dass es sich lohnt, dieses Objekt zu studieren und ihm auch einen passenden Namen zu geben.
27. August 2011/SP
Verein Kuffner-Sternwarte