Servieren Asteroiden Lebens-Ingredienzen?
Nach Ansicht von Wissenschaftlern sind einige Asteroiden wie „Molekül-Fabriken“, weil sie die Produktion von Lebens-Ingredienzen ankurbeln und sie durch Meteoriten-Einschläge auf die Erde bringen.
Die Forscher entdeckten in bestimmten Gruppen von Asteroiden und Kometen Moleküle, die wichtig für die Entstehung von Leben sind. Allerdings sind die Bausteine des Lebens nicht wie auf einem starren Fließband geordnet, sondern verhalten sich mehr wie ein flexibles Diner, bei dem noch Änderungen im Menü möglich sind.
Im Januar 2000 explodierte ein großer Meteorit in der Atmosphäre über Britisch Columbia, Kanada und die Fragmente regneten auf den gefrorenen Tagish Lake nieder. Da viele Menschen Zeugen des Feuerballs waren, konnten die Stücke innerhalb weniger Tage aufgesammelt und in ihrem gefrorenen Zustand aufbewahrt werden. Dies gewährleistete, dass es nur sehr wenig Kontamination durch terrestrisches Leben gab.
Da die Bruchstücke des Tagish Lake Meteoriten auf einem zugefrorenen See mitten im Winter nieder gingen und schnell aufgesammelt werden konnten, gehören sie zu den am besten erhaltenen Meteoriten-Bruchstücken der Welt. Dies sagte Dr. Christopher Herd von der Universität in Alberta/Edmonton, Hauptautor einer Arbeit über die Analyse der Meteoriten-Bruchstücke, die am 10. Juni 2011 im Journal Science veröffentlicht worden sind.
Die für die Studie verwendeten Proben des Tagish Lake Meteoriten, die innerhalb weniger Tage nach dem Sturz gesammelt worden sind, sind bezüglich Reinheit mit Proben von einer "Sample return Mission" zu vergleichen, die durch eine Abwurfkapsel zur Erde gebracht werden, ergänzt Dr. Michael Callahan vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt und Co-Autor des Artikels.
Die Tagish Lake Meteoriten sind reich an Kohlenstoff und, so wie bei anderen Meteoriten dieses Typs entdeckte das Team, dass die Fragmente ein Sortiment organischer Substanzen inklusive Aminosäuren enthalten, welche Bausteine der Proteine sind. Proteine sind nötig um Strukturen wie Haare und Nägel zu bilden und chemische Reaktionen zu beschleunigen oder zu regulieren. Neu ist, dass das Team verschiedene Arten von Aminosäuren in sehr unterschiedlicher Menge gefunden hat.
Die Forscher entdeckten, dass einige Proben die 10 bis 100-fache Menge an bestimmten Aminosäuren enthalten als andere Proben. Noch nie wurde diese Variabilität bei einem Meteoriten entdeckt, der ja ein Abkömmling eines einzigen Mutterasteroiden ist. Nur der Fall des Meteoriten Almahata Sitta ist im Hinblick auf die Vielfalt vergleichbar, aber diese Fragmente stammten von einem Asteroiden, der ein Konglomerat aus vielen verschiedenen Objekten war.
Bei der Identifizierung der verschiedenen Mineralstoffe die in jedem Fragment vorhanden sind, konnte das Team feststellen, wie viel diese durch Wasser verändert worden sind. Sie entdeckten, dass die verschiedenen Fragmente unterschiedlichen Wassermengen ausgesetzt waren und vermuten daher, dass Wasser für die Vielfalt in der Aminosäuren-Produktion verantwortlich ist.
Christopher Herd und sein Team vermuten aufgrund ihrer Analysen, dass Wasser in der Modifikation von präbiotischen Molekülen auf den Asteroiden eine Rolle spielt. Die Ergebnisse liefern vielleicht den ersten klaren Beweis dafür, dass durch Perkolation von Wasser (Sickerlaugung) auf dem Mutterasteroiden einige Moleküle gebildet und andere wieder zerstört worden sind. Der Tagish Lake Meteorit bietet ein einzigartiges Fenster in das, was vor 4,5 Milliarden Jahren mit organischen Molekülen geschah und wie die präbiotische Chemie daran beteiligt war.
Wenn die Variabilität, welche im Tagish Lake Meteoriten vorhanden ist, sich als häufig vorkommendes Phänomen entpuppen sollte, könnte es sein, dass Meteoriten genug Biomoleküle als Starthilfe für das Leben lieferten.
Biochemische Reaktionen sind konzentrationsabhängig, sagte Callahan. "Wenn man unter dem Grenzwert ist, ist man nur Toast, aber wenn man darüber ist, dann ist man OK. Ein Meteorit könnte Levels unterhalb des Grenzwertes haben, aber die Vielfalt im Tagish Lake zeigt, dass das Vorhandensein eines Fragments über dem Grenzwert möglich ist. Allerdings könnte es sein, dass dies dennoch nicht ausreicht, um eine endgültige Aussage treffen zu können."
Obwohl diese Meteoriten so unberührt waren wie noch keine zuvor entdeckten, gibt es dennoch eine geringe Möglichkeit der Kontamination durch Kontakt mit der Luft oder der Oberfläche. Allerdings wurde in einem Fragment Aminosäure in so hoher Konzentration entdeckt, dass man anhand der Isotope feststellen konnte, dass sie im Weltraum entstanden ist.
Isotope sind Varianten eines Elements (Atomkerne mit derselben Ordnungszahl aber unterschiedlicher Massenzahl) zum Beispiel ist Kohlenstoff-13 schwerer und seltener als andere Kohlenstoff-Isotope. Die Chemie des Lebens bevorzugt leichtere Isotope. Aminosäuren, die mit dem schwereren Kohlenstoff-13 Isotop angereichert sind, entstanden vermutlich im Weltraum.
Die Forscher haben festgestellt, dass die Aminosäuren in einem Fragment des Tagish Lake mit Kohlenstoff-13 angereichert waren, was vermutlich auf nicht-biologische Prozesse im Mutterasteroiden zurück zu führen ist.
Das Team konsultierte Forscher des Goddard Astrobiologie Analytical Labs für eine Expertise der schwierigen Analysen. Diese Forscher sind spezialisiert auf Analysen außerirdischer Aminosäuren und organischer Substanzen. Sie haben hochkarätige, extrem empfindliche Geräte und die akribischen Techniken die erforderlich sind, um so genaue Messung durchführen zu können. Und die Forscher planen ihre Techniken mit zusätzlichen herausfordernden Aufgaben zu verfeinern, damit sie diese auf der OSIRIS-REx Asteroid Sample Return Mission anwenden können.
13. Juni 2011/SP
Verein Kuffner-Sternwarte