Gab es noch einen Riesenplaneten in unserem Sonnensystem?
Innerhalb unseres Sonnensystems könnte es neben Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun einen weiteren Riesenplaneten gegeben haben; möglicherweise sogar zwei weitere Riesenplaneten.
Computermodelle deuten darauf hin, dass sich in der Frühphase unseres Sonnensystems die Planeten aufgrund ihres gravitativen Einflusses gegenseitig durch den Raum schleuderten, bis sie ihre derzeitigen Umlaufbahnen erreicht hatten.
Bei mehr als 6 000 durchgeführten Simulationen über diese "Planeten-Streuphase" hat Planetenforscher David Nesvorny vom Southwest Research Institut in Boulder/Colorado festgestellt, dass ein Planetensystem welches mit vier Riesenplaneten begann, nur eine 2,5-prozentige Chance hatte, zu den Umlaufbahnen zu kommen wie wir sie heute kennen. Solche Systeme hätten in ihrer Jugendphase zu heftig agiert, um am Ende so wie unser System auszusehen. Das Ergebnis wäre im Laufe der Zeit eher ein System mit weniger als vier Riesenplaneten geworden, meinte Nesvorny.
Stattdessen ist es zehnmal wahrscheinlicher, dass sich ein Planetensystem wie das unsere so entwickelt hat wie es ist, wenn es anfangs 5 Riesenplaneten inklusive der verloren gegangenen Welt gehabt hätte. Die Masse dieses Planeten wäre vergleichbar mit der von Uranus und Neptun. Dieser zusätzliche Planet ist vermutlich auch ein "Eisriese" gewesen, der reich an eisiger Materie war so wie Uranus und Neptun.
Als das Sonnensystem etwa 600 Mio. Jahre alt war gab es eine große Periode der Instabilität, welche die Riesenplaneten und auch kleinere Welten streute. Schließlich haben Schwerkraft-Begegnungen mit Jupiter dazu geführt, dass vor etwa 4 Mrd. Jahren die geheimnisvolle Welt in den interstellaren Raum geschleudert wurde.
Wie phantastisch dieses Ergebnis auch klingen mag, da vor kurzem eine große Anzahl frei fliegender Welten im interstellaren Raum entdeckt worden ist könnte es sein, dass dies Planeten sind, die einst aus ihrem Sonnensystem ausgestoßen wurden.
Die Arbeit wirft interessante Fragen über die frühe Geschichte des äußeren Sonnensystems auf. Zum Beispiel wurden traditionell die meisten Untersuchungen auf die Riesenplaneten, ihre Satelliten sowie auf die Kuiper-Gürtel-Objekte und deren Interaktion konzentriert. Aber wie wäre es, wenn es auch Objekte von der Größe des Mars bis zur Größe einer Supererde gegeben hätte? Wenn solche Objekte im äußeren Sonnensystem entstanden sind, wie wurden sie eliminiert. Und wenn nicht, warum?
Dies ist nur der Anfang, meinte Nesvorny. Es muss noch eine ganz Menge Arbeit getan werden, um herauszufinden, ob es tatsächlich einen fünften Planeten gegeben hat. Ich bin selbst noch nicht in vollem Umfang davon überzeugt.
Einen detaillierten Bericht über Nesvornys Forschungs-Ergebnisse gibt es online in den Astrophysical Journal Letters.
13. November 2011/SP
Verein Kuffner-Sternwarte