Existiert Riesenplanet "Tyche"?
Im Jahr 1999 stellte ein Team von Astronomen die Möglichkeit in den Raum, dass sich ein riesiger Planet mit vielleicht vierfacher Jupitermasse in der Oortschen Wolke, einem Reservoir für eisige Objekte am Rande des Sonnensystems, befinden könnte.
Die Forscher meinten, dass das Vorhandensein dieses hypothetischen Planeten die ungewöhnlichen Umlaufbahnen einiger aus der Oortschen Wolke stammenden Kometen erklären könnte. Dieser Planet, den die Forscher Tyche nannten, könnte bis jetzt der Entdeckung entgangen sein weil er sehr weit entfernt-etwa 30 000 Astronomische Einheiten - und auch sehr kalt ist.
Viele andere Astronomen waren von der Existenz Tyches nicht überzeugt und die Debatte wurde fortgesetzt.
Im Jahr 2010 kam die Arbeitsgruppe die sich mit Tyche beschäftigt auf die Idee, dass Aufnahmen die mit dem Infrarot-Weltraumteleskop WISE (Wide-field Infrared Survey Explorer) gemacht worden sind, Hinweise für dessen Existenz liefern könnten.
WISE startete im Dezember 2009 und ging vor kurzem in Hibernation. Das Infrarot-Weltraumteleskop hat während seiner aktiven Phase den gesamten Himmel mit infraroten Wellenlängen gescannt. Und es wäre möglich, dass WISE beim Scannen auch ein Signal des postulierten Planeten Tyche aufgenommen hat. Die Forscher hatten bis jetzt noch nicht genug Zeit gehabt, um die Daten gründlich zu studieren.
Vielleicht werden die Beobachtungen von WISE die Tyche-Hypothese rechtfertigen.
Wann können Daten von WISE die Existenz des hypothtischen Planeten Tyche bestätigen oder ausschließen?
Es ist noch zu früh um zu wissen, ob anhand der WISE-Daten die Existenz eines großen Objektes in der Oortschen Wolke bestätigt oder ausgeschlossen werden kann. Analysen, die in den kommenden Jahren durchgeführt werden sind nötig um festzustellen, ob mit WISE tatsächlich eine solche Welt entdeckt werden könnte oder nicht. Daten der ersten vierzehn Wochen, die im April 2011 veröffentlicht werden, werden vermutlich für eine klare Aussage nicht ausreichen. Die kompletten Daten werden erst im März 2012 vorliegen und sollten dann eine besseren Überblick liefern. Sobald die vollständigen Daten von WISE verarbeitet, veröffentlicht und analysiert worden sind, kann die Tyche-Hypothese getestet werden.
Könnte WISE einen eventuell existierenden Paneten beobachtet haben?
Wahrscheinlich könnte WISE dies. Es steht aber nicht von vornherein fest, dass durch WISE die Existenz von Tyche bestätigt werden kann. WISE hat einmal den ganzen Himmel erforscht und dann, sechs Monate später nochmals, und zwar in zwei verschiedenen infraroten Wellenlängen. Die Beobachtungen über einen Zeitraum von sechs Monaten sollten ausreichen, um eine Änderung in der scheinbaren Position eines großen Objekt in der Oortschen Wolke wahrzunehmen.
Die mit zwei verschiedenen infraroten Wellenlängen durchgeführte Himmelsdurchmusterung diente zum identifizieren von sehr kleinen, kühlen Sternen bzw. Braunen Zwergen, die mehr übergroßen jupiterähnlichen Planeten gleichen, so wie dies der hypothetische Planet Tyche einer sein könnte.
Wenn Tyche existiert, warum dauert es so lange ihn zu finden?
Tyche ist zu kalt und zu lichtschwach um ihn in einem Teleskop im sichtbaren Licht aufzuspüren. Empfindliche Infrarot-Teleskope könnten seine abstrahlende Wärme aufspüren, wenn sie in die richtige Richtung schauen. Und WISE ist ein solch empfindliches Infrarot-Teleskop, welches noch dazu in alle Richtungen schaute.
Warum wurde ein griechischer Name ausgewählt, wo die Namen aller anderen Planeten aus der römischen Mythologie stammen?
In den 1980er Jahren gab es eine andere Hypothese über einen Begleiter der Sonne. Dieses Objekt, benannt nach der griechischen Göttin Nemesis, wurde für das periodische Massensterben auf Erden verantwortlich gemacht. Es wurde vermutet, dass sich Nemesis auf einer hochelliptischen Umlaufbahn alle 26 Mio. Jahre der Erde so sehr nähert, dass es zu einer Periodizität von Kometeneinschlägen und Artensterben kommt.
Jüngste wissenschaftliche Analysen unterstützen diese Idee nicht mehr, so dass die Nemesis-Hypothese nicht mehr erforderlich ist.
Allerdings besteht noch die Möglichkeit, dass die Sonne einen fernen, unsichtbaren Begleiter in einer annähernd kreisförmigen Umlaufbahn mit einer Periode von einigen Millionen Jahren hat. Ein solches Objekt würde keine verheerenden Folgen für terrestrische Leben bedeuten. Um ein solches Objekt von der bösen Nemesis zu unterscheiden, wählten die Astronomen den Namen der wohlwollenden, gütigen Schwester von Nemesis, Tyche, der Name der Göttin des Glücks in der griech. Mythologie.
6. März 2011/SP
Verein Kuffner-Sternwarte