Erde als Hinweis auf die Geschichte des Mars
Forscher sind auf terrestrischer Spurensuche, um Hinweise auf die Entwicklungsgeschichte des Mars zu erhalten
Es gibt keinen Platz auf der Erde der perfekt die Situation, wie sie jetzt auf dem Mars herrscht oder in der Vergangenheit geherrscht hat, widerspiegeln würde. Aber dennoch glauben Forscher, dass es auf der Erde über einige Dekaden hinweg kleinere Enklaven gegeben hat, auf denen ein marsähnliches Klima herrschte. Diese Orte könnten den Forschern helfen, eine chronologische Entwicklung von der Geschichte des Roten Planeten zu entwickeln.
Solch kleine "terrestrische Kopien" vom Marsklima könnten dazu beitragen, die Veränderungen auf dem Mars, wie sie über längere Zeiträume hinweg sich ereigneten, besser verstehen zu lernen. Darüber hinaus könnte dies bei der Planung zukünftiger Marsmissionen und bei der Suche nach Anzeichen von Leben hilfreich sein. Ferner könnten diese extremen Orte auf der Erde Licht auf die Grenze möglichen Lebens werfen.
Astrobiologe Alberto Fairen vom SETI-Institut und seine Kollegen sind der Meinung, dass der Mars drei Entwicklungsstufen durchlief.
Im ersten kalten und feuchten Zeitalter war genug flüssiges Wasser und Energie vorhanden, um Mars potentiell bewohnbar zu machen. Im zweiten "Schneeball-Mars" Zeitalter wurden die Bedingungen extrem schwierig und das flüssige Wasser, das Leben möglich gemacht haben könnte, wurde knapp.
Im aktuellen hyper-trockenen Zeitalter wurde die Oberfläche durch die vorherrschenden Bedingungen weitgehend unbewohnbar; ausser vielleicht in einigen isolierte Nischen.
Die Forscher haben versucht, Analogien auf Erden für eine bestimmte geologische Zeit in der Geschichte des Mars zu finden, um damit die Entwicklung des Mars studieren zu können. Fairen meinte, dass dies der einzige Weg ist, um auf unsere Fragen die richtige Antwort zu bekommen.
Erstes Zeitalter auf dem Mars - kalt und nass
Die ersten 700 bis 900 Mio Jahre des Roten Planeten sind jene Jahre, welche die Forscher als das erste Mars-Zeitalter bezeichnen. Obwohl damals die Temperaturen insgesamt niedig waren, scheint es flüssiges Wasser an der Oberfläche in reichem Masse gegeben zu haben. Der Planet besass eine dickere Atmosphäre und ein globales Magnetfeld, dass ihn vor lebensfeindlicher Strahlung schützte, so dass die lebensfreundlichsten Bedingungen in der ganzen Geschichte des Mars herrschten.
Die meisten Oberflächenformationen und Mineralablagerungen, die auf das einstige Vorhandensein von Wasser schließen lassen, stammen aus diesem Zeitalter. Der größte Teil der Marsoberfläche besteht aus vulkanischen Gesteinen und Bodenmaterial, welches durch Reaktion mit dem Oberflächenwasser eine Vielfalt an Mineralien generierte. Dazu gehören Schichtsilikate, welche typische Produkte von verwittertem vulkanischen Basalt sind, der sich durch aufsteigendes und verdunstendes Grundwasser veränderte.
Auf vier Standorten auf der Erde gibt es Gesteine, die dieserm Marszeitalter entsprechen. Sie könnten nicht nur Einblicke in die Chemie ergeben, welche die Oberfläche des Roten Planeten einst dominierte, sondern auch Möglichkeiten zur Erhaltung von Lebensspuren ausloten.
Das Areal der Nordpol-Dome, welches in der 3,5 Mrd. Jahre alten Pilbare-Region von Westaustralien ein Gebiet von rund 230 qm2 umfasst, hat eine hervorragende Analogie zu den
Schichtsilikat-Formationen auf dem Mars. Diese Region enthält auch in Form von Stromatolithen und möglichen 3 Mrd. Jahre alten Mikrofossilien Hinweise auf die früheste Biosphäre der Erde und könnte zur Aufhellung beitragen, wie Marsfossilien sich erhalten haben könnten. Und wenn es zur Verdunstung kommt, könnte eine säurehältige Umgebung auf der Erde eine zwingende Analogie zu den sauren, sulfat-reichen Regionen im Meridiani Planum auf dem Mars ergeben; einschließlich der saisonal trockenen, sauren Seen in Westaustralien, dem Rio Tinto Becken in Spanien und den kalten, sauren Entwässerungssystemen in der kanadischen Arktis.
Diese säurehältigen Gegenden auf der Erde sind entweder reich an Mikroben oder besitzen Anzeichen einer mikrobiellen Aktivität und könnten dazu beitragen, Licht in das Rätsel um Meridiani Planum bringen, welches ein primäres Ziel für die Suche nach organischem Material ist, das potentiell vom einstigen Leben auf dem Mars zeugen würde.
Zweites Marszeitalter - Schneeball Mars
Als Mars vor rund 3 bis 3,6 Mrd Jahre zunehmend trockener und kälter wurde gefror das Wasser, so dass seine Oberfläche nahezu oder ganz eingefror. Das Verschwinden des Planeten Magnetfeld, die zunehmende Kälte und die Trockenheit machten den Planeten zunehmend unbewohnbarer.
Dennoch kam es zu einem massiven Vulkanismus, der zu periodischen Überschwemmungen von großen Teilen der Niederungen führte, in denen noch relativ günstige Bedingungen für die Erhaltung und Entwicklung von Leben vorhanden gewesen wäre. Die vorherrschenden Bedinungen auf der Oberfläche waren vermutlich ähnlich jenen, die in den polaren Regionen der Erde - einschließlich der großen Eisschilde- zu finden sind.
Astrobiologen wollen neue Erkenntnisse für den Mars gewinnen und sind besonders daran interessiert, wie sich Mikroben auf der Erde über lange Zeiträume hinweg im Eis konserviert haben und wie Mirkoorganismen die harten arktischen Bedingungen überleben konnten. Es ist bekannt, dass im Eis und im Permafrost auf Erden eine große Anzahl lebensfähiger Mikroben, die rund 8 Millionen Jahre alt sind, mit Permafrost Bakterien eine messbare Aktivität noch bei -20° C zeigen, und das Überleben könnte vielleicht noch bei mindestens - 40° C funktionieren.
Drei Analogien gibt es auf der Erde für den "Schneeball Mars". Dazu gehören die Insel Axel Heiberg im äußersten Norden der kanadischen Arktis, Beacon Valley in der Antarktis und in Nordgrönland das Eemian Ice Drilling-Project.
Der Permafrost auf der Insel Axel Heiberg ist vergleichbar mit dem Permafrost auf dem Mars. Grönland wieder ist vergleichbar mit den geschichteten Ablagerungen auf dem Nordpol des Mars, vor allem dort wo es zu Materialansammlungen kommt. Und das bis zu 10 Millionen Jahre alte Eis in Beacon Valley, das älteste bekannte Eis auf der Erde, könnte Hinweise liefern, wie auf dem Mars das Eis für sehr lange Zeit bewahrt worden ist.
Drittes Marszeitalter - hypertrockener Mars
Im jetzigen Zeitalter auf dem Mars, das seit rund 3 Mrd. Jahre besteht, herrscht ein extrem trockenes und kaltes Klima und die Oberfläche wird mit lebensfeindlicher UV-Strahlung bombardiert. Durch die kalte, extrem dünne Atmosphäre kann sich flüssiges Wasser an der Oberfläche nicht lange halten, was vermutlich für Leben das grösste Problem darstellt.
Zwar gibt es auf der Erde heute keine Orte, die den heute auf dem Mars herrschenden trockenen und kalten Bedingungen ähneln, aber es gibt zwei Bereiche wo flüssiges Wasser extrem flüchtig ist. Der eine Ort ist die Atacama-Wüste in Chile, wo die Hitze das Wasser verdampfen lässt und der andere Ort ist University Valley in der Antarktis, wo das Wasser sehr rasch gefriert.
In der Atacama-Wüste sind die Böden sehr alt. Sie haben eine Alter von bis zu 2 Mio. Jahren, sind extrem trocken und reich an löslichen Salzen, ähnlich denen auf dem Mars und die Böden besitzen sehr geringe Mengen an Bakterien und organischen Materialien. Diese zu studieren wäre ein gangbarer Weg um zu ergründen, ob auch Mars-Mikroben solche Strapazen überleben könnten.
Ein anderer Weg, die Böden in der Atacama-Wüste als Vergleich heranzuziehen wäre, dass man in den Böden einen genau so hohen Anteil an Perchloratsalzen findet, wie sie nahe dem Mars-Phoenix-Lander entdeckt worden sind. Diese sind vermutlich durch das Sonnenlicht induzierte chemische Reaktionen in der Atmosphäre entstanden.
Umstrittene Vergangenheit
Es gab jahrzehntelang eine Debatte darüber wie warm, kalt, nass oder trocken der Mars in der Vergangenheit war und nicht jeder ist mit der Zeitlinie, die Fairen und seine Kollegen erstellt haben, einverstanden.
Zum Beispiel im frühesten Marszeitalter, welches Fairen und seine Kollegen als kalt und nass einstuften, glauben andere Forscher, wie z. B. Planetologe James Kasting von der Pennsylvania State University, dass es ein viel wärmeres Klima auf dem Mars gegeben hat. Nicht ein so warmes Klima wie heute auf der Erde, aber dass die mittleren Temperaturen über dem Gefrierpunkt lagen.
Fairen hat darauf hingewiesen, dass es schwierig ist zu wissen wie warm oder kalt der Planet in jener fernen Zeit war. Atmosphärische Modelle sind nicht in der Lage die Temperaturen auf der Oberfläche mit knapp über oder unter Null Grad Celsius zu bestimmen. So müsste am frühen Mars die Konzentration von z. B. Kohlendioxid für ein wärmeres Klima höher gewesen sein.
Welche Gase und in welcher Konzentration dies bewirkt haben sollten, muss noch ermittelt werden. Jedenfalls fehlen bis jetzt handfeste Beweise für das „warme“ Modell. Alternativ könnten Salzlösungen dazu beigetragen haben, dass Wasser unter Null Grad Celsius flüssig geblieben ist und so einen kalten und nassen Mars ermöglichte.
Unabhängig von den Argumenten wie warm, nass oder kalt der Mars in der Vergangenheit war, könnte diese Zeitlinie Forscher motivieren, Strategien zu entwickeln für die Suche nach Leben. Diese Meinung ist Planetenforscher Victor Baker von der Universität in Arizona, der an dieser Studie nicht beteiligt war.
Diese Zeitlinie ist auf jeden Fall positiv zu bewerten, auch wenn sie nicht die absolute Wahrheit enthalten sollte. Es ist auf alle Fälle eine gute Strategie um mehr über den Planeten Mars in Erfahrung zu bringen und wenn sich durch harte Fakten herausstellen sollte, dass die Zeitlinie nicht ganz richtig ist, kann man darauf aufbauend der tatsächlichen Entwicklung auf dem Mars näher kommen.
13. Dezember 2010/SP
Verein Kuffner-Sternwarte