Saturnmond mit ausgedehnten „Tigerstreifen“
Die Raumsonde Cassini entdeckte während des Vorbeiflugs an Enceladus am 13. August 2010 mehrere zusätzliche Risse in der Oberfläche am Südpol des Mondes. Diese Beobachtungen ermöglichte es den Forschern, eine sehr detaillierte Wärme-Karte dieser Region zu erstellen.
Cassini besuchte Ende November abermals Enceladus. Die Raumsonde flog dabei in nur 48 km Abstand an der nördlichen Hemisphäre des Mondes vorbei. Die warmen Aufbrüche aus der neuen Studie wurden jedoch nur während des Vorbeiflugs an der südlichen Hälfte gefunden.
Obwohl die Oberfläche von Enceladus frostig ist, quillt Wärme am Südpol durch gewaltige Fissuren an die Oberfläche welche die Planetenforscher „Tigerstreifen“ nennen. Diese Wärme liefert die Energie für des Mondes berühmte Eisjets, welche Wasserdampf und organische Partikel in den Raum speien.
Die neu beobachteten Risse zweigen sich von den Enden der anderen Tigerstreifen ab. Diese sind vielleicht jene Orte, wo die Aktivität begann. Oder die Risse winden sich kurvenreich zu einem komplexen Wärme-Muster, was den Forschern Hinweise auf den Lebenszyklus dieser Tigerstreifen liefern könnte.
Massiver Wärmeaustausch
Cassini entdeckte die Eis-Geysire auf Enceladus im Jahr 2005. Die Raumsonde hatte viele Vorbeiflüge an Enceladus - der Vorbeiflug im August war bereits der elfte - was den Wissenschaftern half heraus zu finden, was diese ausserirdischen Geysire antreibt.
Jedenfalls wissen die Forscher jetzt, dass Enceladus nicht kalt und geologisch tot ist, sondern ein komplexes Wärmekreislaufsystem besitzt. Dieses System zieht Wärme aus des Mondes Untergrund - vielleicht über einen plätschernden Ozean flüssigen Wassers - und kanalisiert es durch die Tigerstreifen zu den Jets.
Massive Wärmemengen fliessen durch Enceladus` Südpol - etwa fünfmal mehr Wärme pro Flächeneinheit als durch die geologischen Hot Spots der Erde fließt.
Die neuen Aufnahmen und Wärmekarten, die vom Vorbeiflug im August stammen, sollten den Forschern helfen den Wärmeaustausch genauer zu bestimmen.
Observieren der Tigerstreifen
Cassini verwendete zum Beobachten von Enceladus` Südpol das Infrarot-Spektrometer und die hochauflösende Kamera.
Die Sonde untersuchte mit den Instrumenten den wärmsten Teil des Tigerstreifen-Systems. Dies ist ein Teil der Fraktur namens Damaskus-Sulcus. Die Raumsonde beobachtete Temperaturen von minus 84 Grad Celsius. Dies ist zwar für unsere Begriffe sehr kalt, aber für den Eismond Enceladus ist es warm. Interessanterweis ist die Temperatur in dieser Region jetzt etwas höher als die zuvor gemessenen Werte von 101 Grad Celsius. Ein Temperatur-Unterschied, der mehrere mögliche Ursachen haben kann.
Eine Erklärung wäre, dass die Tigerstreifen im Jahr 2008 weniger aktiv waren als dies beim letzten Vorbeiflug der Fall war. Oder der heisseste Teil dieser Tigerstreifen ist so schmal, dass die bisherigen Scans nur die Durchschnittstemperatur eines größeren Gebiet erfasst hatten.
Auf jeden Fall haben die neuesten Aufnahmen eine so hohe Auflösung, dass Details von rund 800 Metern noch zu erkennen sind. Dies ermöglichte es den Forschern warmes Material, dass den zentralen Graben von Damaskus flankiert, zu erkennen.
Der thermische Scan von Damaskus zeigt große Schwankungen in der Wärmeabstrahlung innerhalb nur weniger Kilometer entlang der Fraktur. Die hohe Auflösung wird den Forschern helfen zu ergründen, wie die Tigerstreifen die Wärme an die Oberfläche von Enceladus befördern.
Cassinis letzter Blick auf den sonnigen Süden
Cassini hat die thermische Karte von Damaskus-Sulcus zeitgleich mit Bildern im sichtbaren Licht erstellt. Auf diesen leuchtet der Tigerstreifen im Sonnenlicht, das von Saturn reflektiert wird. Die Daten vom sichtbaren Licht wurden mit den thermischen Daten kombiniert, um so Zusammenhänge zwischen physikalischen Wärme-Prozessen und der Oberflächen-Geologie besser verstehen zu können.
Die hochaufgelösten Bilder zeigen, dass dieser Abschnitt von Damaskus-Sulcus der strukturell komplexeste und tektonisch dynamischeste aller Tigerstreifen ist.
Der Vorbeiflug an Enceladus am 13. August 2010 war Cassinis letzte Fernerkundung des Mondes bis 2015. Die Geometrie der vielen Vorbeiflüge bis 2015 ermöglichen Cassini keine weiteren thermischen Scans, weil sich die Sonde der Mondoberfläche so sehr nähert, dass der Südpol nicht mehr ins Blickfeld kommt.
4. Dezember 2010/SP
Verein Kuffner-Sternwarte