Erneut Suche nach Vulcanoiden gestartet
Die Raumsonde MESSENGER näherte sich am 9. Februar 2009 ihrem sonnennächsten Bahnpunkt und passierte unser Zentralgestirn im Abstand von knapp 0,31 AE. Diese Nähe zur Sonne nimmt das Imaging-Team der Raumsonde MESSENGER zum Anlass, die Suche nach Vulcanoiden wieder auf zu nehmen, einer postulierten Asteroidenfamilie die sich innerhalb der Merkurbahn auf einer stabilien Umlaufbahn befinden solle.
Die Region innerhalb der Merkurbahn war schon im 19. Jahrhundert Gegenstand ausgedehnter Diskussionen, da sich die Drehung der Apsidenlinie von Merkur nicht allein aufgrund des Gravitationsgesetzes erklären ließ, wohl aber durch die Störung eines Planeten innerhalb der Merkurbahn. Dieser imaginäre Planet wurde Vulkan getauft. Verschiedene Suchaktionen blieben allerdings erfolglos. Heute weiss man, dass es keinen intramerkuriellen Planeten gibt, und dass der Überschuss in der Drehung der Merkur-Apsidenlinie endgültig durch die allgemeine Relativitätstheorie erklärt werden kann.
Trotzdem ließ den Forschern die Zone innerhalb der Merkurbahn keine Ruhe. Wenn schon kein Planet innerhalb der Merkurbahn existiert, so könnte dennoch eine kleine Population von Asteroiden überlebt haben; zumindest wird dies seit einige Jahrzehnten vermutet. Die Region zwischen Merkur und der Sonne ist gravitativ stabil, so dass einige Objekte, die ursprünglich dort entstanden sind, auch nach Milliarden von Jahren überlebt haben könnten. Solch hypothetische Asteroiden wurden "Vulcanoide" getauft, nach dem römischen Gott des Feuers und der Metallurgie.
Alle anderen Regionen des Sonnensystems sind von verschiedenen Typen von Kleinkörpern besetzt. Warum sollte dann die sogenannte Vulcanoiden-Zone, eine stabile Region zwischen der Sonne und Merkur, nicht von Kleinkörpern besetzt sein? Allerdings sind Vulcanoide von der Erde aus, wegen ihrer extremen Nähe zur Sonne, nur sehr schwierig zu entdecken.
Auch die Suche nach Vulcanoiden beim Frühlings- und Herbstäquinoktium 2002 mit einem Düsenjet in 15 km Höhe, die Dan Durda und Alan Stern durchgeführt hatten, blieb leider erfolglos. Unter den damaligen Bedingungen hätten allerdings nur Objekte mit mehr als 60 km Durchmesser entdeckt werden können.
Aber MESSENGERS Flug ist so nahe an Merkurs Umlaufbahn, dass die Suche nach Vulcanoiden noch nie so aussichtsreich war wie jetzt, meint Clark Chapman, Leiter des MESSENGER Wissenschaftsteams, der sich zusammen mit seinem Mitarbeiter Willam Merline auf die Suche begibt. Mit Hilfe von MESSENGER könnten Vulcanoide ausgeforscht werden, die nur 15 km groß sind.
Zwischen dem 7. und 11. Februar wurden mit MESSENGERS Weitwinkelkamera 256 Aufnahmen von Gebieten östlich und westlich der Sonne gemacht. Wegen der Blendungsgefahr durch die Sonne, wurden die Aufnahmen mit einer Sonnenblende erstellt.
Wir machten die gleichen Beobachtungen wie an allen anderen Tagen, sagte Nancy Chabot, ein Mitglied des MESSENGER-Teams. Dieser gleichbleibende Rhythmus wird es uns ermöglichen, die kosmischen Strahlen von der Bewegung einzelner, eventuell vorhandener Objekte zu unterscheiden.
Das Team führte eine ähnliche Aufnahmen-Kampagne durch wie im Juni 2008. Es wurden über einem Zeitraum von neun Tagen 240 Aufnahmen der äußeren Zone des hypothetischen Vulcanoiden-Gürtels gemacht. Diese Kampagne diente vor allem zur Verfeinerung der Beobachtungstechniken, der Bewertung von Grenzgrößen und der Nachweisbarkeit bekannter Objekte. Und es war eine erste Suche.
Falls Vulcanoide gefunden werden, könnten sie den Forschern Einblicke in die Frühzeit des Sonnensystems geben, meinte Clark Chapman.
Wenn sie existieren sollten, wäre dies eine zusätzliche Population von Impaktkörpern, die vermutlich vor allem zur Verkraterung Merkurs beigetragen haben könnte, was bedeuten würde, dass die geologischen Prozesse auf Merkur erst vor relativ kurzer Zeit stattgefunden haben. Vor allem wenn man die Berechnung zugrunde legt, dass sich Impaktraten auf Merkur in ähnlichen Zeitskalen ereigneten wie auf Mond und Mars.
Wenn keine Vulcanoide existieren, dann sind aller Wahrscheinlichkeit nach die meisten vulkanischen Ebenen auf Merkur Milliarden von Jahren alt. Das Fehlen von Vulcanoiden würde bei den Forschern die Frage aufwerfen, warum sind keine entstanden, oder, wenn es sie einst gab, warum sind sie verschwunden..
15. Februar 2009
Verein Kuffner-Sternwarte