Wieso Merkur eine Atmosphäre halten kann
Merkur sollte eigentlich ein Problem damit haben, atmosphärische Teilchen an sich zu binden. Da er der sonnennächste Planet ist, steigt seine Temperatur tagsüber auf rund 450° C an. Ferner ist seine Gravitation gering; sie beträgt nur 38% der irdischen Schwerkraft. Bei solchen Bedingungen können sich normalerweise keine atmosphärischen Teilchen halten. Die Raumsonde MESSENGER hat neue Hinweise gefunden, warum Merkur dennoch eine dünne Atmosphäre besitzt.
Merkurs Atmosphäre ist so dünn, dass sie eigentlich schon längst verschwunden sein müsste, wenn es da nicht etwas gäbe das für Nachschub sorgt. Dieses etwas sind die geladenen Teilchen des Sonnenwinds, die einen Weg gefunden haben das schützende Magnetfeld des Planeten zu durchdringen. Im Magnetfeld des Planeten gibt es nämlich tornadoähnliche magnetische Wirbel, mit deren Hilfe die geladenen Teilchen von der Sonne bis auf die Oberfläche Merkurs vordringen.
Diese Partikel schlagen Atome aus der Planetenoberfläche, welche die dünne Atmosphäre des Planeten wieder auffüllen.
Start der AtomeDer Sonnenwind ist ein Strom elektrisch geladener Teilchen der ständig von der Oberfläche der Sonne mit Geschwindigkeiten von 400 bis 600 Kilometern pro Sekunde ausgeht. Forscher wussten bis jetzt nicht wie es den Partikeln gelingt, das Magnetfeld Merkurs zu durchdringen. Durch die beiden nahen Vorbeiflüge der Raumsonde MESSENGER im Jahr 2008 zusammen mit den Aufzeichnungen älterer Beobachtungen, die von Mariner 10 aus den Jahren 1974 und 1975 stammen, wurde diese Rätsel nun gelöst.
Beide Planeten, Merkur und Erde, sind bis zu einem gewissen Grad vor dem Sonnenwind durch ihre Magnetosphäre geschützt. Auch die Sonne besitzt ein Magnetfeld. Teile des Magnetfelds werden ständig vom Plasma des Sonnenwinds mitgeschleppt und erfüllen letzendlich das ganze Sonnensystem. Das interplanetare Magnetfeld bzw die Heliosphäre reicht bis etwa 100 AE, wo der Gasdruck der interstellaren Materie dem Sonnenwind Einhalt gebietet.
Beim letzten Vorbeiflug von MESSENGER entdeckten die Instrumente der Raumsonde, dass die Matnetosphäre Merkurs undicht ist. Wie riesige Tornados fegen gewaltige, bis zu 800 km breite, und verdrillte Bündel von Magnetfeldern über die Oberfläche, reissen Löcher in die Magnetosphäre und interagieren mit dem interplanetaren Magnetfeld. Wenn die beiden Magnetfelder einander berühren, kommt es zu einem Zusammenbruch der magnetischen Flusserhaltung; ein solcher Vorgang wird als "Rekonnektion" bezeichnet. Es öffnet sich ein Loch in Merkurs Magnetosphäre und erlaubt dem Sonnenwind, die dünne Atmosphäre zu durchdringen und auf des Planeten Oberfläche aufzuschlagen.
Aus irgend einem Grund gibt es bei Merkur mehr Tornados als die Wissenschafter bisher vermutet hatten. Merkurs Nähe zur Sonne ist nur etwa für ein Drittel dieser Rekonnektion-Raten verantwortlich. Welches Phänomen für die verbleibenden zwei Drittel Tornados verantwortlich ist, ist noch ungeklärt.
Rekonnektion auf der Erde
Rekonnektions geschehen auch in der Magnetosphäre der Erde. Aber die Atmosphäre unseres Planeten ist stark genug, um die Oberfläche vor der kosmischen Strahlung zu schützen.
Venus und Mars haben keine Magnetosphäre, aber sie haben Atmosphären die dem Sonnenwind ausgesetzt sind. Der Sonnenwind trägt aus den oberen atmosphärischen Schichten Teilchen hinweg und erodiert damit langsam die Atmosphäre. Venus ist vulkanreicher als der Mars und daher können ihre Vulkane neue Gase in die Atmosphäre ausstoßen und die verloren gegangenen Teilchen somit ersetzen. Aber die Marsatmosphäre driftet langsam - getragen vom Sonnenwind – hinweg.
Am 29. September 2009 wird MESSENGER das dritte Swing-by-Manöver am Merkur durchführen und im März 2011 in eine Umlaufbahn um den Planeten einschwenken und ihn ein ganzes Jahr lang umkreisen. Damit kann Merkur erstmals aus der Umlaufbahn intensiv erforscht werden.
11. Juni 2009
Verein Kuffner-Sternwarte