Kometen-Kristalle entstehen durch stellare Energieausbrüche
Forscher haben sich lange gefragt wieso winzige Silikat-Kristalle, die sich nur bei hohen Temperaturen bilden, es schafften, ihren Weg ins Innere von Kometen zu finden, die sich ja in den eiskalten Bereichen des äußeren Sonnensystems bildeten. Die gängige Meinung war, dass sich die Kristalle aller Wahrscheinlichkeit nach anfangs als nichtkristallisierte Silikat-Teilchen in jener Mischung aus Gas und Staub bildeten, aus der sich das Sonnenystem entwickelte.
Ein Team von Astronomen glaubt nun eine Erklärung dafür gefunden zu haben, wo und wie die Kristalle entstanden sind. Mit Hilfe von NASA`s Spitzer Teleskop beobachteten die Forscher die stürmische Phase eines jungen, sonnenähnlichen Sterns. Die Ergebnisse ihrer Studie, die in der Zeitschrift Nature vom 14. Mai 2009 veröffentlicht wurden, geben neue Einblicke in die Entstehung von Planeten und Kometen.
Die Forscher aus Deutschland, Ungarn und den Niederlanden stellten fest, dass durch den gewaltigen Ausbruch eines jungen Sterns sich Silikat zu kristalliner Form umwandeln könnte.
Sie entdeckten die Infrarot-Signatur von Silikatkristallen in der Gas- und Staubscheibe um den Stern EX Lupi während einer seiner häufigen Ausbrüche im April 2008. Diese Kristalle sind bei früheren Beobachtungen mit dem Spitzer-Teleskop, als EX Lupi eine ruhigere Phase durchlief, nicht beobachtet worden.
Attila Juhasz, vom Max Planck Institut für Astronomie in Heidelberg und einer der Autoren des Artikels in Nature, sowie Kollegen glauben, eine gerade stattfindende Kristallbildung beobachtet zu haben. Sie sind der Meinung, dass die Kristalle durch thermisches Ausglühen kleiner Partikel in den oberflächennahen Schichten des Protosterns entstanden sind, als durch den Ausbruch eine enorme Hitze aus dem Sterninneren nach aussen gelangte. Dies ist ein völlig neues Szenario, wie dieses Material entstanden sein könnte.
Ausglühen ist ein Prozess, bei dem ein Material durch Erhitzen eine Änderung in seiner physikalischen Beschaffenheit erfährt. Dies wäre eine Möglichkeit, wie sich Silikat-Staub in eine kristalline Form verändern kann.
Wissenschafter hatten zwei verschiedene Szenarien in Betracht gezogen, die durch Ausglühen zum Entstehen von Silikat-Kristallen in Kometen und in Staubscheiben junger Sterne führt. In einem Szenario könnte lange Hitzeeinwirkung durch den jungen Stern zum Ausglühen eines Teils des Silikat-Staubes in Zentrum der Scheibe geführt haben. In einem weiteren Szenario könnten Schockwellen, die durch einen großen Körper innerhalb der Scheibe hervorgerufen werden, die Staubteilchen plötzlich auf die richtige Temperatur erhitzen und sie dann beim raschen Abkühlen kristallisieren.
Was Juhasz und seine Kollegen bei EX Lupi entdeckt haben, passt nicht zu den älteren Theorien. Sie glauben, dass es einen dritten Weg gibt, wie sich Silikat-Kristalle durch Ausglühen gebildet haben könnten.
EX Lupi ist ein junger Stern, der möglicherweise unserer jungen Sonne ähnelt, so wie sie vor vier oder fünf Milliarden Jahren war. Alle paar Jahre kommt es bei EX Lupi zu Eruptionen, bei denen der Stern Masse abstößt, die er aus der ihn umgebenden Staubscheibe aufgesammelt hat. Die Intensität dieser Ausbrüche variiert; wirklich große Eruptionen geschehen etwa alle 50 Jahre.
Die Forscher beobachteten im April 2008 EX Lupi mit dem Infrarot-Spektrographen am Spitzer- Teleskop. Obwohl der Stern nach einem großen Ausbruch im Januar d. J im Begriff ist zu verblassen, ist er dennoch 30-mal heller als in seiner ruhigen Phase. Wenn man den eruptierenden Stern mit den Messungen vergleicht, die mit dem Spitzer-Teleskop 2005 gemacht wurden, kann man signifikante Veränderungen zu beobachten.
Im Jahr 2005 schien das Silikat in der Staubscheibe um den Stern aus amorphen Staubkörnern zu bestehen. Im Jahr 2008 zeigte das Spektrum das Vorhandensein von kristallinen Silikaten auf dem amorphen Staub. Die Kristalle schienen aus Forsterit zu bestehen, ein Material, das oft in Kometen und protoplanetaren Scheiben gefunden wird.
Die Kristalle scheinen heiß zu sein, was ein Hinweis darauf, dass sie zwar bei sehr hohen Temperaturen entstanden sind, aber nicht durch "Schock" Aufheizung. Wenn das der Fall wäre, würden die Kristalle schon kühler sein.
Beim Ausbruch war EX Lupi rund 100-mal so hell, sagt Juhasz. Kristalle formten sich in den Oberflächenschichten der planetaren Scheibe in einer Entfernung vom Stern, wo Temperaturen von etwa 1 000 bis max. 1500 Kelvin herrschten. Bei noch höheren Temperaturen wären die Staubkörner verdampft.
Der Radius dieser Kristall-Bildungs-Zone ist vergleichbar mit der Zone, in der sich die terrestrischen Planeten unseres Sonnensystems befinden.
Diese Beobachtungen zeigen erstmals die Produktion von kristallinen Silikaten, wie sie in Meteoriten und Kometen in unserem eigenen Sonensystem zu finden sind. Sie entstanden durch wiederholte Energie-Ausbrüche, die einst in der jungen Sonne stattgefunden haben.
22. Mai 2009
Verein Kuffner-Sternwarte