Primitive Hauptgürtel-Asteroiden entstanden vermutlich in Sonnenferne
Viele der Objekte die jetzt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ihre Umlaufbahnen haben, entstanden einst in einer äußeren Zone des Sonnensystems. Dies ist die Meinung eines internationalen Teams von Astronomen unter der Leitung von Forschern des Southwest Research Instituts (SwRI).
Das Team verwendete numerische Simulationen die zeigten, dass einige komentenähnliche Objekte ihren Platz in der Scheibe ausserhalb der ursprünglichen Planetenbahnen hatten. Die Planeten wurden in einer gewaltsamen Phase des Sonnensystems bis in den äußeren Asteroidengürtel gestreut.
In der Regel ist das Sonnensystem ein Ort von relativer Dauerhaftigkeit, in dem sich Veränderungen nur in Zeiträumen von etlichen Millionen Jahren ereignen. Neue Modelle der Planetenentstehung zeigen jedoch, dass zu bestimmten Zeiten die Architektur des Sonnensystems einen dramatischen Umbruch erlebte.
Insbesondere scheint es wahrscheinlich, dass sich vor rund 3,9 Milliarden Jahren die Riesenplaneten unseres Sonnensystems - Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun - in einem turbulenten Kampf neu arrangierten. Hal Levison vom SwRI ist der Meinung, dass sich das letzte große Ereignis in der Planetenentstehung bis nahezu in jeden Winkel des Sonnensystems ausgewirkt hat.
Wichtige Hinweise für dieses Ereignis wurden erstmals in den Proben gefunden, welche die Apollo-Astronauten vom Mond mitbrachten. Diese Proben erzählen von einem katastrophalen Bombardement, bei dem große Asteroiden und Kometen auf den Mond niederprasselten.
Die Forscher sind nun der Meinung, dass dieses Ereignis nicht auf den Mond beschränkt geblieben ist, sondern auch die Erde und andere Objekte des Sonnensystems in Mitleidenschaft zog.
Die Existenz von Leben auf der Erde sowie die Bedingungen, die unsere Welt für uns bewohnbar machte, stehen in engem Zusammenhang mit dem was in ferner Vergangenheit geschah; dies erklärte David Nesvorny vom SwRI.
Die gleichen dynamischen Bedingungen welche die Planeten verwüsteten haben dazu geführt, dass auch der Asteroiden-Gürtel devastiert wurde. Es ist wie in dem klassischen Film "Casablanca". Da heisst es: "Jeder kommt zu Rick's". Es scheint, dass der Asteroidengürtel ein solch cooler Treffpunkt für kleine Objekte war.
Einmal im Asteroiden-Gürtel versammelt begannen die kometen-ähnlichen Objekte nicht nur miteinander zusammen zu stoßen sondern auch mit den Asteroiden zu kollidieren. Das Modell zeigt, dass die Kometen bei Zusammenstössen aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit relativ leicht zerbrachen; zumindest im Vergleich zu typischen Asteroiden. Es war somit unvermeidlich, dass einige Trümmer auf Asteroiden, dem Mond und der Erde landeten.
Tatsächlich dürften auch heute noch einige Überreste auf diversen Himmelskörpern niederprasseln. Das Team glaubt nun, dass die überraschenden Ähnlichkeiten zwischen den auf der Erde niedergegangenen Mikrometeoriten und den Kometen-Proben, die von der Raumsonde Stardust mitgebracht worden sind, kein Zufall sind.
Es gab unter den Forschern viele Diskussionen über die Herkunft der Mikrometeoriten, welche die Erde erreicht haben. Manche meinen, sie wären kometaren Ursprungs und andere wieder glauben sie stammen von Asteroiden. Vermutlich sind bis zu einem gewissen Grad beide Meinungen richtig.
Einige von den Meteoriten die einst im Asteroidengürtel zu Hause waren, sind allem Anschein nach vor etwa 3,5 bis 3,9 Mrd Jahren aus dem Asteroidengürtel geschleudert worden. Aufgrund der Simulation können die Forscher feststellen, ob die Meteoriten von eingefangenen Kometen stammen oder Kollisions-Fragmente sind.
Sie erzählen den Forschern die gleiche faszinierende Geschichte wie die Mondproben; dass nämlich das Sonnensystem in der Frühzeit offenbar chaotisch war und sich vor etwa 4 Milliarden Jahren rekonfigurierte. Der Asteroiden-Gürtel enthält eine überraschend große Vielfalt an Objekten. Sie reicht von primitiven Körpern, die nur aus einem Gemisch aus Eis und Gestein bestehen bis hin zu Objekten die aus Schmelzgestein zusammengesetzt sind.
Das Standard-Modell geht davon aus, dass die meisten Asteroiden in einer Zone der primordialen Gas- und Staubscheibe entstanden sind, in der radikale chemische Veränderungen vonstatten gingen. Die beobachtete Vielfalt im Asteroiden-Gürtel entspricht aber nicht der inneren Zusammensetzung der protoplanetaren Scheibe. Dieses Ergebnis verändert grundlegend die Sichtweise über den Asteroiden-Gürtel.
Der Mond und der Asteroiden-Gürtel sind die am leichtesten zugänglichen Plätze im Sonnensystem. Hier könnte auch der Schlüssel zum Verständnis über die besonders kritische Phase in der Geschichte unseres Sonnensystems liegen. Die Forscher glauben, dass wichtige Erkenntnisse über diese kalten, atmosphärelosen Objekte dazu beitragen könnten, eines der größten Rätsel des Sonnensystems zu lösen.
Der Artikel "die Kontamination des Asteroidengürtels durch primordiale Transneptun-Objekte" erschien in der Zeitschrift Nature vom 16. Juli 2009. Autoren waren: Hal Levison, William Bottke, Allessandro Morbidelli, Matthieu Gounelle, Devid Nesvorny und Kleomenis Tsiganis.
17. Juli 2009/SP
Verein Kuffner-Sternwarte