Vulkane auf Merkur?
Ein 30 Jahre altes Rätsel scheint gelöst zu sein
Die Raumsonde MESSENGER
(
Mercury
Surface
Space
Enviroment
Geochemistry an
Ranging)
passierte am 14. Januar dieses Jahres Merkur und flog in nur 200 km
Höhe über dessen Planeten-Oberfläche dahin. MESSENGER
konnte somit einen genaueren Blick auf die Planeten Oberfläche
werfen als dies seinerzeit die Raumsonde Mariner 10 tun konnte, die
in den Jahren 1974 und 1975 nur etwa 45 % der Oberfläche Merkurs
abbildete.
Vulkanismus oder Impaktschmelze?
Lange Zeit war man der Meinung, dass Vulkanismus die Hauptgestaltungskraft auf terrestrischen Planeten ist. Vulkane verwüsten auch heute noch die Erde und auf dem Mars könnte noch ein - wenn auch gedämpfter - Vulkanismus vorhanden sein. Und die Venusoberfläche ist mit Spuren von alten Vulkanen überzogen.
Aufnahmen der Raumsonde Mariner 10 zeigen, dass es auf Merkurs Oberfläche Bereiche von flachen Regionen gibt von denen die Forscher annahmen, dass dies vulkanische Ablagerungen sind, die den basaltischen Ablagerungen in den Maria auf dem Mond gleichen. Doch anders als die Maria auf dem Mond sind diese Ebenen heller und nicht dunkler als die sie umgebende Landschaft und die Astronauten von Apollo16 hatten damals gerade entdeckt, dass ähnlich helle Ebenen auf dem Mond durch Breccien (durch Impakte zerbrochenes und aufgeschmolzenes Gestein) entstanden sind. Die Auflösung der Bilder von der Raumsonde Mariner 10 sowie der Beleuchtungswinkel durch das Sonnenlicht machten es den Forschern nicht möglich den geologischen Mechanismus zu bestimmen, welche die Ebenen auf Merkur schuf.
Beim fly by der Raumsonde MESSENGER im Januar 2008 war der Beleuchtungswinkel durch die Sonne wesentlich günstiger, so dass mehr Details erkannt werden konnten die Hinweise auf vulkanische Aktivitäten lieferten. Falschfarbenbilder von den Ebenen lassen erkennen, dass Geländeformationen die auf Vulkanismus hindeuten eine orange Tönung aufweisen und sich damit deutlich von der Umgebung abheben.
MESSENGER-Aufnahmen vom Carolisbecken, dem jüngsten bekannten Impakt-Becken auf Merkur, zeigen kleinere Krater innerhalb des Beckens die mit Material angefüllt sind. Wenn dies Impakt-Schmelze wäre wie bei den Breccien auf dem Mond, würde dies die Krater nicht auffüllen.
Die kleinen Krater sind vermutlich das Ergebnis von Impakten im Caloris-Becken und zwar lange nachdem das Becken sind formte. Bei Vulkanausbrüchen im Caloris-Becken wurde Lava empor geschleudert und überflutete die kleineren Krater. Das ist für die MESSENGER-Wissenschafter ein klarer Beweis, dass sie auf Lavaströme blicken.
Die Raumsonde lieferte auch Aufnahmen, auf denen die Forscher einen Schildvulkan innerhalb des Beckens erkennen konnten. Dieser Schildvulkan hat einen Durchmesser von 95 km.
Die Instrumente der Raumsonde MESSENGER stellten auch fest, dass die Oberfläche Merkurs sehr arm an Eisen ist, was bei des Planeten hoher Dichte bedeutet, dass der Kern sehr viel Eisen enthalten muss. Es scheint, als ob die Entstehung Merkurs anders ablief als die Entstehung der anderen inneren Planeten. Die Prozesse, welche die Planeten formten sind zwar dieselben, nur die Ergebnisse sind unterschiedlich.
Planetare Kontraktionen
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Mission Mariner 10 Mission hatten Forscher vermutet, dass Merkur eine signifikante Kontraktion durchlief, als der eisenreiche Kern auskühlte. Bilder dieser Mission zeigen Böschungen, die sich über große Teile der Oberfläche dahinziehen und die vermutlich auf eine Schrumpfung der Kruste durch Abkühlung zurückzuführen sind. Diese Böschungen verformten auch manche geologische Formationen; es gibt Krater auf Merkur die dadurch halbiert wurden. MESSENGER fand mehr solch geologische "Fehler" als seinerzeit Mariner 10 was darauf hindeutet, dass die Kontraktion des Planeten um mindestens ein Drittel größer ist als ursprünglich gedacht.
Im Wesentlichen war es so: Der heiße dichte Kern kühlte ab und ein Teil des Materials verfestigte sich, sank zum Zentrum und bildete einen inneren festen Kern. Bei den meisten massiven Körpern die auskühlen kommt es dann zur Kontraktion. Der Durchmesser Merkurs nahm nur etwa ein Zehntel von einem Prozent ab was nicht viel erscheint, aber in geologischen Zeiträumen führte es doch zu einer deutlichen Schrumpfung.
Wenn MESSENGER im Jahr 2011 in eine Umlaufbahn um Merkur einschwenkt, können dieses Böschungen besser untersucht werden. Dann können die Forscher ein genaueres Bild über das Ausmaß der Kontraktion bekommen. Weiters wollen sie feststellen ob dieser Vorgang laufend, schrittweise oder nur gelegentlich vor sich geht.
Über der Oberfläche
MESSENGER nützte den fly by auch zur Untersuchung von Merkurs Magnetfeld und seiner Magnetosphäre. Merkur ist neben der Erde der einzige Planet im inneren Sonnensystem der über ein Magnetfeld verfügt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es - ähnlich wie das Magenetfeld der Erde - weitgehend dipolar ist. Nur ist Merkurs Magnetfeld wesentlich schwächer als das der Erde. Es ist sozusagen eine kleinere Version des Erdmagnetfeldes.
Das das Magnetfeld so schwach ist und Merkur der Sonne so nahe, ist die Magnetosphäre des Planeten durch den Druck des Sonnenwindes auf der der Sonne zugewandten Seite sehr nahe am Planeten, während es auf der von der Sonne abgewandten Seite sehr in die Länge gezogen ist.
Gelegentlich ist der Sonnenwind so stark, dass er auf die Oberfläche Merkurs trifft. Wenn dies geschieht werden Partikel in die Magnetosphäre versprüht. MESSENGER entdeckte diese ionisierten Atome als sie durch die Magnetosphäre „segelten“; die Raumsonde fand Silizium, Natrium, Schwefel und sogar Wasser-Ionen rund um den Planeten.
Der Aufschlag der Sonnenwindpartikel verändert auch die Chemie der Merkur-Oberfläche. Die Forscher nennen dies „Raum-Verwitterung“. Das Ausmaß der chemischen Veränderungen könnte dazu beitragen, das Alter der verschiedenen Gebiete anhand des Ausmasses der Verwitterung zu bestimmen.
Das ist sozusagen das Ergebnis des ersten fly by von MESSENGER. Der zweite fly by erfolgt am 6. Oktober dieses Jahres und der dritte im September 2009. Und im Jahr 2011 schwenkt die Raumsonde in eine ein Jahr dauernde Umlaufbahn um Merkur ein und wird weitere Informationen über den innersten Planeten unseres Sonnensysems liefern.
25. Juli 2008/SP
Verein Kuffner-Sternwarte