Kurze Geschichte der Saturnforschung
Saturn gehört zu den Planeten, die schon seit der Antike bekannt sind. Wobei Saturn als fernster Planet galt. (Uranus und Neptun waren ja noch unbekannt),
Der italienische Naturforscher Galileo Galilei (1564 - 1642) studierte den Saturn dann im Jahr 1610 als einer der ersten Menschen durch ein Fernrohr. Zwar bemerkte er seltsame seitliche Ausbuchtungen, doch dass es sich dabei um Ringe handelte, erkannte er nicht.
Dies gelang erst im Jahr 1659 dem Holländer Christian Huygens (1629-1695). Die wundersamen Ringe schienen die Saturnkugel ohne Kontakt freischwebend zu umgeben. Christian Huygens ist auch der Entdecker des größten Saturnmondes Titan (1655)
Jean-Dominique Cassini (1625-1712), der in Italien geborene Leiter der Pariser Sternwarte, entdeckte dann 1675 eine Lücke im Saturnring, die heute CASSINISCHE-Teilung genannt wird. 1671/72 entdeckte er die Saturnmonde Japetus und Rhea und 12 Jahre später gelang ihm die Entdeckung der Monde Dione und Tethys. Heute bezeichnet man Cassini zu Recht als den Entdecker des Saturnsystems.
Die heutige Technik erlaubt einen viel genaueren Blick auf das Saturnsystem. Das HST kann von der Erdumlaufbahn aus Details von weniger als 300 km Ausdehnung erkennen - etwa hundertmal so scharf wie es Galileo Galilei mit seinem Fernrohr möglich war.
Ein dramatischer Qualitätssprung gelang den Saturnforschern dann vor etwas mehr als 20 Jahren, als sie drei Robotersonden direkt zu den äußeren Planeten sandten: Pioneer 11, Voyager 1 und Voyager 2. Doch alle drei Sonden sind am Saturn einfach vorbeigerast, um nach wenigen Wochen intensiver Beobachtungstätigkeit auf Nimmerwiedersehen im All zu verschwinden.
Trotz dieser "nur" Vorbeiflüge enthüllten die Sonden die komplexe Natur der aus Billiarden von kleinsten Trümmerteilchen bestehenden Ringe, zeigten die gewaltigen Stürme, die das Wettergeschehen auf der Saturnkugel bestimmten und verwandelten zahlreiche Saturnmonde von kleinen teleskopischen Lichtpünktchen in richtige Welten.
Und heute, mehr als zwanzig Jahre später ist mit CASSINI eine Sonde unterwegs, die nicht nur im "Vorbeifliegen" das Saturnsystem observiert, sondern jahrelang den Planeten und seine Monde und Ringe erforschen wird.
Nun nähert sich CASSINI-HUYGENS dem Höhepunkt seiner Mission. Am 14. Jänner 2005 soll die Sonde Huygens den Abstieg auf den rätselhaften Monde Titan durchführen
Begonnen hat die Saturn-Mission vor etwas mehr als sieben Jahren. Am 15. Oktober 1997 startete die besonders leistungsstarke Trägerrakete vom Typ Titan 4B vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral um die Doppelsonde Cassini-Huygens aus dem Schwerefeld der Erde abzuheben. Eine der bisher anspruchvollsten Planetensondenmission hatte begonnen. Ausgerüstet mit 12 hochentwickelten, wissenschaftlichen Instrumenten machte sich die Sonde auf die lange Reise zum fernen Saturnsystem.
Mit einer Masse von mehr als 5,6 Tonnen beim Start war CASSINI allerdings so schwer, dass keine damals (und wahrscheinlich auch heute) verfügbare Rakete einen Einschuss in eine direkte Flugbahn zum Saturn geschafft hätte. Aufgrund des Swing-by-Technik konnte CASSINI den Planeten Bewegungsenergie abzapfen. Während sich der Planet daraufhin unmessbar verlangsamte, konnte die vergleichsweise leichte Raumsonde eine erhebliche Geschwindigkeitssteigerung erfahren. Wenn die Swing-by-Technik angewendet wird, um eine Sonde in das äußere Sonnensystem zu katapultieren, sind drei Passagen an den inneren Planeten nötig. Für CASSINI und HUYGENS standen zweimal die Venus und dann die Erde auf dem Reiseplan.
Im April 1998 war erster Venus-Swing-by, welcher der Sonde soviel Bewegungsenergie mitgab, dass sie um 25 000 Kilometer pro Stunde schneller wurde. Nach der anschließenden ersten Sonnenumrundung erreichte CASSINI im Dez. 1998 einen sonnenfernsten Punkt, der bereits erheblich über die Erdbahn hinausragte. Da starteten die Raumfahrtingenieure ein großes Triebwerksmanöver, welches CASSINIS Geschwindigkeit um mehr als 1600 Kilometer pro Stunde erhöhte und die Sonde erneut auf Venuskurs brachte.
Im Juni 1999 zweiter Venusvorbeiflug, bei der die Raumsonde einen weiteren Geschwindigkeitsschub erhielt. Dann ging es auf direktem Weg zurück zur Erde.
August 1999: Swing-by an der Erde: Normalerweise liegt zw. dem zweiten und dritten Gravity-Assist-Manöver eine weitere komplette Sonnenumrundung. Aber die Missionsplaner hatten CASSINIS Starttermin so günstig gewählt, dass sie die Erde schon 55 Tage nach der Venuspassage für den dritten Vorbeiflug nutzen konnte und so eine komplette, etwa zwei Jahre währende Extrarunde um die Sonne einsparen konnten. Die Unterstützung durch den Heimatplaneten beschleunigte CASSINI um fast 20 000 km/h.
Erst jetzt hatten CASSINI und HUYGENS genug Schwung für den weiten Weg zum Jupiter.
Auf dem Weg zum Jupiter wurde bei einem Systemtest im Februar 2000 ein Riesenproblem entdeckt:
CASSINI und HUYGENS können nicht richtig miteinander kommunizieren.
Bei Entwicklung, Bau und Test der Sonden wurde nämlich übersehen, dass der Empfänger an Bord von CASSINI an die Frequenzverschiebung der HUYGENS-Signale aufgrund des Doppler-Effekts nicht angepasst wurde. So wie bei einem Feuerwehrauto die Sirene höher klingt, wenn es auf einen Beobachter zufährt, verkürzt sich auch die Wellenlänge des Funksignals von HUYGENS zu CASSINI, wenn CASSINI mit mehr als 21 000 km/h auf Titan zurast.
Dazu fiel den Verantwortlichen schließlich eine Lösung ein.
Ursprünglich sollten zwischen Juli 2004 und Januar 2005 zwei gezielte Vorbeiflüge am Mond Titan stattfinden. Der erste, am 27. November 2004, im Abstand von 1200 km zur Oberfläche sollte auch die Mission Huygens beeinhalten. Diese Besuche lassen sich nicht einfach aus dem Reiseplan streichen, da beide auch erheblich zur Swing-by-Bahnkorrektur beitragen sollen.
Mit einem gezielten Titanvorbeiflug kann die Geschwindigkeit Cassinis immerhin um bis zu 3000 km/h verändert werden. Durch Verkürzung der ersten Umlaufperiode nach Erreichen des Saturn um etwa 1 Monat ließ sich ein neuer, dritter und ferner Titan-Vorbeiflug im genannten Zeitraum einschmuggeln. (insgesamt sind es wesentlich mehr)
Der erste Vorbeiflug war daher schon am 26. Oktober und der zweite am 13. Dezember 2004, so dass die Begegnung am 14. Januar 2005 in großzügigen 60 000 km Entfernung erfolgen kann, da sie nicht mehr für eine Bahnkorrektur benötigt wird. (Aufgrund der großen Distanz und der veränderten Geometrie wird die Relativ-Geschwindigkeit von CASSINI zu HUYGENS dann viel geringer ausfallen als ursprünglich vorgesehen.)
Dasselbe gilt für den Doppler-Effekt, was die Frequenzverschiebung für den Empfänger verdaulich machen wird.
Der positive Nebeneffekt der neuen Flugroute ist die Möglichkeit, die Landestelle auf Titan und die Windverhältnisse in ihrer Umgebung bereits vor der Mission HUYGENS zweimal mit CASSINI im Detail studieren zu können. Dazu kommt ein zusätzlicher sehr dichter Vorbeiflug an Enceladus im Februar 2005 und ein neuer, mit 65 000 km Distanz relativ naher Vorbeiflug am Mond Iapetus zum Jahreswechsel 2004/2005.
Einziger Nachteil der neuen Route ist ein erhöhter Treibstoffverbrauch, der CASSINIS Möglichkeiten zur Verlängerung der Mission nach 2008 um etwa 1/3 einschränken würde.
Seit April 2002 lag die endgültige Flugroute durch das Saturnsystem fest:
Aufgrund des ausgefeilten Reiseplans bot sich für CASSINI die einzigartige Möglichkeit, den äußeren Saturnmond Phoebe am 11. Juni 2004 aus nur 2000 km Distanz zu untersuchen.
Am 22. Juni 2004 wurden die letzten Beobachtungen vor dem Erreichen des Saturn abgeschlossen, obwohl es noch fast neun Tage bis zum Einschluss in die Saturnumlaufbahn dauerte.
Am 1. Juli 2004 begann das alles entscheidende SOI-Manöver (Saturn Orbit Insertion)
CASSINI zündete eine der beiden Düsen für etwa 97 Minuten: dieses Abbremsmanöver hat CASSINI in seine erste Saturnumlaufbahn gebracht. Die Hauptantenne richtet sich zur Erde aus und funkt ein etwa achtminütiges Phon home über den Zustand der Sonde zur Erde. Die Signallaufzeit zu diesem Zeitpunkt war 84 Minuten. Zeitgleich hat am weit entfernten Saturn CASSINI seine ersten wissenschaftlichen Beobachtungen aus der Umlaufbahn ausgeführt.
2. Juli 2004: erster Titan-Besuch. CASSINI blieb keine Zeit zum Atemholen. Es begannen die Beobachtungen für die Titan-Südpolpassage in einer Distanz von 340 000 km (Dauer 9 1/2 h)
Ab dem 5. Juli befand sich CASSINI von der Erde aus gesehen hinter der Sonne für eine Woche, daher war nur eingeschränkte Kommunikation möglich.
Am 23. August erfolgte letzte große Bahnkorrektur. Diente zur Anhebung des saturnnächsten Punktes auf 311 000 km (bei Ankunft waren es nur 20 000 km). Ohne dieses Manöver würde CASSINI zwei Monate später mit den Ringen kollidieren.
26. Oktober wieder Kurs auf das innere Saturnsystem. Die Sonde führte den ersten gezielten Titan-Vorbeiflug durch, bei welchem 5 Stunden Beobachtungszeit zur Verfügung standen. Minimaldistanz 1200 km.
13. Dezember zweiter gezielter Titan-Vorbeiflug. Minimaldistanz 2360 km: Fernerkundung mit Kameras um die zukünftige Landestelle für die Sonde HUYGENS auf 100 m genau abzubilden.
Am 18. Dezember 2004 nachdem bereits am 24. Nov. die Go/No-go Entscheidung zur Ausführung der Mission gefallen ist, wird CASSINI/HUYGENS am 18. Dez. durch ein kleines Triebwerksmanöver auf Kollisionskurs mit Titan gebracht: Beginn der heißen Phase für die HUYGENS-Mission.
Am 25. Dezember 2004 wird die Sonde abgestoßen - und entfernt sich vom Orbiter mit der winzigen Geschwindigkeit von 1 1/4 km/h vom Orbiter um nach drei weiteren Wochen dem eigentlichen Zweck ihrer Reise entgegen zu gehen. HUYGENS verschläft diese 3 Wochen regelrecht, weil die Batteriestromvorräte begrenzt sind. Nur ein "Wecker" achtet darauf, dass Huygens im rechten Moment erwacht und die ihm einprogrammierten Aktivitäten startet.
Der Cassini-Orbiter darf allerdings nicht ruhen. Um ihn vom Kollisionskurs von Titan abzubringen, startet am 29. Dez. 2004 das Orbiter Deflection Manöver, das CASSINI um 100 km/h abbremst.
Anschließend, in der Silvesternacht 2004/2005 soll CASSINI den rätselhaften Mond Iapetus eingehend studieren. Danach beginnt wieder eine Ruhepause.
Dann am 14. Jänner 2005 erwacht HUYGENS zum Leben. Und CASSINI hat seine große Antenne auf die Eintrittsstelle auf der Titanoberfläche ausgerichtet, um die ersten Signale zu erhaschen. Gegen 10 Uhr MEZ prallt HUYGENS fast senkrecht auf die saturnabgewandte Seite der Titanatmosphäre und zwar verläuft dies so:
vergl.: Hyghens-Abstieg/ESA
Nach der aerodynamischen Abbremsung wirft HUYGENS den Hitzeschutzschild ab. Nacheinander öffnen sich drei Fallschirme, an denen die Sonde immer tiefer in Richtung der Oberfläche sinkt.
Etwa 2 1/2 Stunden gleitet HUYGENS am Fallschirm bis zur Oberfläche dahin.
Niemand weiß, was HUYGENS dort erwartet.
Wird die Sonde auf hartes Eis prallen?
Auf weichen Kohlenstoff-Schlamm landen?
Oder wird die Sonde gar in einem Methansee wassern?
Es bestehen gute Aussichten, dass HUYGENS den Aufprall überlebt und noch für einige Minuten oder vielleicht sogar für eine Stunde lang mit einem sechsten wissenschaftlichen Instrument die Eigenschaften des Oberflächenmaterials untersuchen kann. Schließlich gewinnt aber die gewaltige Kälte von -180� C die Oberhand und HUYGENS stellt seine Arbeit ein. Die Sonde wird, äußerlich unversehrt, für immer auf der Titanoberfläche liegen bleiben.
Der CASSINI-Orbiter wird solange horchen und die Signale von HUYGENS speichern, bis die Landestelle hinter dem Rand der Titankugel verschwindet. Anschließend dreht er seine große Antenne, die eben noch als Empfänger gedient hat, zur Erde, um die wertvollen, viermal redundant gespeicherten Daten zweimal zur Erde zu überspielen.
Die Flugroute der Sonde durch das Saturnsystem richtet sich in den weiteren 3 1/2 Jahren so gut wie möglich nach den Anforderungen und Wünschen der beteiligten Wissenschafter, die ihre Beobachtungen und Untersuchungen verschiedenen Objekten und Fragestellungen widmen.
z. B. Wollen die einen große Bahnneigungen um die Polarregionen Saturns besser zu erforschen. Die an den Ringen Interessierten Wissenschafter wünschen sich wieder unterschiedliche Bahngeometrien damit die Ringe unter vielen verschiedenen Beleuchtungsbedingungen studiert werden können.
Geologen und Physiker, die sich für die Monde interessieren, bevorzugen Touren mit vielen nahen Vorbeiflügen an diesen Körpern. Viele Forscher sind auch daran interessiert, Saturn und seine Umgebung sowohl von der sonnenabgewandten, als auch von der sonnenzugewandten und der Morgen- und der Abendseite zu studieren.
Die Tourplanung war komplizierter als alle bisherigen Planungen für Raumsondenmissionen. Daher wurde am JPL in Pasadena ein Datenmanagementsystem eingerichtet, das alle wissenschaftlichen Aktivitäten CASSINIS koordinierte. In täglichen Telefonkonferenzen wurden einzelne Tour-Segmente nach und nach besprochen um einen Zeitplan zu erstellen.
Manche Tour-Segmente waren bis zu 5fach �überbucht�, und so ist es verständlich, wenn schon jetzt über eine Missionsverlängerung bis 2010 nachgedacht wird (falls der Treibstoffverbrauch es zulässt).
In die nominelle Tour konnten aber immerhin etwa 39 000 Beobachtungswünsche integriert werden.
Phoebe aufgenommen am 11. Juni 2004 aus einer Entfernung von rund 2000 km. Ohne den ausgefeilten Reiseplan der Raumsonde hätten wir keine detailreiche Aufnahme von Phoebe, da dieser Mond fast 13 Mio. km vom Planeten entfernt ist und die Raumsonde während der weiteren Mission dem Mond nicht mehr nahe kommt. | |
Mit dem Magnetospheric Imaging Instrument wurde im Juli ein neuer Strahlungsgürtel wurde bei Saturn entdeckt. Die Farben von blau bis rot stellen die Zunahme der Strahlungsintensität dar. Die magentafarbenen Linien sind die Magnetfeldlinien, die den Äquator am inneren Rand des D-Ringes kreuzen, wo sich der neue Strahlungsgürtel befindet. | |
Dieses aus zwei Segmenten bestehende Filmchen zeigt einen der neuentdeckten Monde des Saturn. Das überbelichtete Objekt, welches Saturn umkreist, ist Enceladus. | |
Diese Aufnahme Titans stammt vom 24. Oktober 2004 und enthüllt ein helles, kontinental-großes Terrain, das auf den Namen Xanadu getauft wurde. Das Foto wurde mit einem Spezialfilter, der auf 938 Nanometer zentriert ist, aufgenommen. Ein Wellenlängen-Bereich, mit dem auf Titans Oberfläche noch die meisten Details zu erkennen sind. | |
Detailreiche Aufnahme des A-Ringes, die mit dem UV-Spektrometer gemacht wurden. Im UV-Licht kann man erkennen, dass der Anteil an Eis in den äußeren Bereichen des A-Ringes größer ist als in den inneren Bereichen. Der Eisanteil nimmt somit von innen nach außen zu, was ein Hinweis auf den Ursprung und die Entwicklung ist. |