Contact Binaries im Kuiper-Gürtel
Forscher entdeckten unter den fernen Kuiper-Gürtel-Objekten ein sogenanntes Contact Binary System. In solchen Systemen umkreisen einander zwei Kleinplaneten auf so engem Raum, dass sie einander unter Umständen sogar berühren.
Mittels Radaruntersuchungen wurden zwar bei kleinen erdnahen Asteroiden schon viele hantelförmige Objekte gefunden, die aus zwei kaum noch zusammen hängenden Objekten bestehen; aber nicht bei größeren Asteroiden. Da waren bis vor kurzem nur zwei potentielle Contact Binaries bekannt: Der Hauptgürtelasteroid 216 Kleopatra (Ø 217 km) und der Trojaner 624 Hektor (Ø 180 km)
Nun hat Scott. Sheppard und David C. Jewitt ein drittes großes Contact Binary System gefunden: Ein Objekt im Kuiper-Gürtel, dessen Umlaufbahn sich jenseits Neptuns befindet.
Das Objekt 2001 QG298 hat seine Umlaufbahn in so großer Entfernung von der Sonne, dass es selbst mit dem Hubble Space Telescope nur schwer möglich ist, die Form dieses Objekts eindeutig zu erkennen. Es ist vermutlich erdnussförmig. Aufgrund von Helligkeitsmessungen, die in den Jahren 2002 und 2003 mit dem 2,2-Meter Teleskop und dem 10-Meter-Keck 1 Teleskope an diesem Objekt durchgeführt wurden, haben Sheppard und Jewitt ungewöhnliches festgestellt: Die Helligkeit von 2001 QG298 schwankt alle 6,89 Stunden um sagenhafte 1,14 Größenklassen. Die Farbe des Objekts bleibt aber konstant, sodass der Helligkeitswechsel nicht durch dunkle Oberflächenmerkmale, die als Ergebnis der Rotation periodisch auftreten könnten, hervorgerufen wird.
Nur drei Objekte im Sonnensystem mit mehr als 50 km Durchmesser haben einen solch großen Helligkeitswechsel. Zwei von ihnen sind Kleopatra und Hektor; das dritte Objekt ist der Saturnmond Japetus, welcher eine sehr dunkle vordere Hemisphäre mit einer Albedo von 3 bis 4% hat und eine extrem helle Rückseite mit einer Albedo von etwa 50%. Aber Japetus ist ein ungewöhnlicher Einzelfall. Da er eine gebundene Rotation hat, könnten die dunklen Ablagerungen auf seiner Vorderseite von Partikeln stammen, die von äußeren Saturnsatelliten abgestoßen wurden und nach innen drifteten.
Mit einem Durchmesser von etwa 180 Kilometern ist 2001 QG298 so groß, dass er vermutlich eine sphärische Gestalt hat. Aber dieses Objekt rotiert nicht so schnell, dass es sich zu einem länglichen Objekt verformen könnte. Die einfachste Erklärung für die Helligkeitsvariationen wäre, dass sich zwei sehr nahe, annähernd sphärische, etwa gleich große Körper mit einer Periode von 6,89 Stunden gegenseitig bedecken.
Jewitt und Sheppard sind der Meinung, dass 2001 QG298 ein Contact Binary System ist.
Dieses Ergebnis gaben sie beim Treffen der Amerikanisch Astronomischen Gesellschaft in Louisville/Kentucky bekannt.
Sheppard und Jewitt fanden im Kuiper-Gürtel auch weitere Kandidaten für Contact-Binary-Systeme. Verglichen mit der Anzahl der von ihnen beobachteten KBO`s und der Tatsache, dass ein Teil dieser Contact Binaries mit den Polen Richtung Erde orientiert sind (was die Einordnung wesentlich schwieriger macht) schätzen Sheppard und Jewitt, dass 10 bis 20 Prozent aller großen KBO`s Contact Binary Objekte mit zwei annähernd gleich großen Komponenten sind. Die Anzahl von Contact Binaries, bei denen eine Komponente deutlich größer ist als die andere, ist wahrscheinlich viel höher. Bei solchen Objekte sind die Variationen in der Helligkeit geringer, daher ist es schwieriger sie auszuforschen.
Diese engen Paare formten sich vermutlich schon in der Frühzeit des Sonnensystems, als sich zwei Objekte einander näherten und in eine gegenseitige Umlaufbahn einschwenkten, nachdem sie ihre orbitale Energie mit anderen nahen Objekten ausgetauscht hatten.
3. Dezember 2004/SP
Verein Kuffner-Sternwarte