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Bericht des Leiters der Sternwarte für das |
Kurzfassung:
Im Jahr nach dem Jahrhundertkometen Hale-Bopp lag der Schwerpunkt der Vereinstätigkeit im Beobachten auf der Sternwarte und unter dem dunklen Himmel der Pretulalpe. Ein Höhepunkt war auch der Besuch und Vortrag der Entdeckerin des Kuiperschen Gürtels und eines Großteils der bekannten Trans-Neptun-Objekte, Jane Luu, am 11. März 1998. Organisatorisch war das Jahr geprägt von der Abwehr der von Verband Wiener Volksbildung, Volkshochschule Ottakring und ihrer Zweigstelle auf der Kuffner-Sternwarte angestrebten Delogierung des Vereins aus der Sternwarte. Soweit ein laufendes Gerichtsverfahren eine Beurteilung erlaubt scheint die Abwehr für den Verein erfolgreich zu verlaufen. Kein Erfolg konnte bei den Verhandlungen zur Erstellung eines Zeitplanes für die Nutzung der Räumlichkeiten und Instrumente der Kuffner-Sternwarte durch Verein und Zweigstelle der Volkshochschule Ottakring (Zeitkontingent) erzielt werden.Astronomisch ruhig - politisch rege
Mit dem Ende der Sichtbarkeit des Kometen Hale-Bopp begann, was die astronomischen Superlative betrifft, eine kurze "Pause", die bis zum nächsten astronomischen Jahrhundertereignis, der totalen Sonnenfinsternis am 11. August 1999 dauern wird. Trotzdem, aufgrund der gespannten Situation auf der Kuffner-Sternwarte, nur ein eingeschränkter Vereinsbetrieb durchgeführt werden konnte, besuchten 961 Personen die Veranstaltungen des Vereins (siehe Bericht von B. Aringer).Von Hale-Bopp zur Räumungsklage: Stellvertretend für die astronomische Diskussion im Zusammenhang mit der Räumungsklage, in der unter anderem festgestellt wird, daß es "rechtlich und auch faktisch unmöglich geworden (ist), den Führungsbetrieb aufrechtzuerhalten" (Hervorhebungen im Original), sei die dortige Bewertung der Veranstaltungen zu den Kometen Hale-Bopp und Hyakutake erwähnt. Zum Rücktrittsschreiben Pikhards, das ich dem Gericht vorlegte, wird von unseren Prozessgegner folgendes festgestellt, um Vorwürfe Pikhards zu entkräftigen, VHS und Zweigstelle hätten im Zusammenhang mit den Kometen schwere fachliche und Managementfehler gemacht: "Bei Führungen, welche nach den Vorstellungen der beklagten Partei (Verein Kuffner-Sternwarte) beim Kometen Hyakutake durchgeführt wurden, verzeichnete die Kuffner-Sternwarte 938 Besucher, bei Führungen, welche nach den Vorstellungen der zweitklagenden Partei beim Kometen Halley-Popp durchgeführt wurden konnten 1.565 Besucherinnen verzeichnet werden." Schreibweise und Hervorhebungen wie im Original der Urkundenerklärung der Kanzlei Lansky vom 20. Mai 1998. Nur zur Erinnerung sei hinzugefügt, daß unsere Hyakutake Führungen von 22. März bis 11. April, also etwa drei Wochen lang durchgeführt wurden, und vorzeitig abgebrochen werden mußten weil Verband und VHS am 12. April die Sternwarte widerrechtlich sperrten. Demgegenüber hatte Hale-Bopp die längste Sichtbarkeit aller Kometen, zumindest seit Komet Tycho 1577, und war von Februar bis Mai 1997 extrem eindrucksvoll freisichtig. Der Vergleich zeigt auch noch einmal deutlich was Mitglieder und Mitarbeiter des Vereins beim Kometen Hyakutake zu Stande gebracht haben.
Verhältnis zur VHS-Zweigstelle
Die Beziehungen zur Zweigstelle der Volkshochschule (VHS) Ottakring auf der Kuffner-Sternwarte sind natürlich durch die Räumungsklage gegen den Verein schwer belastet. Trotzdem konnte das Verhältnis zu den Mitarbeitern der Zweigstelle wesentlich verbessert werden. Das ist sicherlich nicht nur auf den Rückggang der Zweigstellenveranstaltungen zurückzuführen sondern auch auf ein pragmatisches Verhalten seitens der Vereinsmitglieder und der Zweigstellenmitarbeiter.Zeitkontingent und faktische Sternwartenutzung
Zusammenfassung: Die Anwesenheitsbücher auf der Kuffner-Sternwarte ergeben einen faktischen Gesamt-Refraktornutzungsbedarf für die Zweigstelle der VHS Ottakring, der über den für regelmässige Führungen geplanten nicht hinausgeht. Der zuletzt gemachte Vorschlag des Vereins Kuffner-Sternwarte, den Refraktornutzungs-Ist-Zustand an Mo, Mi als Refraktorzeitkontingent fuer Mo, Mi, Do festzuschreiben hätte deshalb keine wesentlichen Abweichungen vom Ist-Zustand im Zweigstellenbetrieb verursacht. Gleichzeitig ermöglichte er dem Verein am Mo, Mi, Do Beobachtungen zu Zeiten vor 23h. Im letzten Zeitkontingent-Vorschlag hatte ich auch ganz bewußt zugestimmt, daß der Vortragsraum, der Veranstaltungen mit etwa hundert Besuchern ermöglicht, praktisch ausschließlich für die VHS nutzbar wird, weil ich dort den faktischen und wirtschaftlichen Schwerpunkt ihrer Tätigekeit auf der Kuffner-Sternwarte erkenne.Aktuelle Lage und Verhandlungsgrundlagen:
Zu Beginn des Prozesses, zu der 1997 vom Verband Wiener Volksbildung und VHS Ottakring eingebrachten Räumungsklage gegen den Verein, wurden von unserer Seite nochmals zwei Vorschläge für ein Zeitkontingent sowie eine umfassende Dokumentation der Verhandlungsbemühungen und der Geschichte der Auseinandersetzung vorgelegt. Dabei wurde erstmals auch das Heliometer ausdrücklich in die Kontingentierung einbezogen um neue Verhandlungsspielräume zu schaffen. Nach gerichtlichen Verhandlungen am 23. März (gerichtliche Begehung der Sternwarte), 5. Juni (Einvernahme Habison, Pikhard), 3. September (Fortsetzung und Abschluß der Einvernahme Pikhard) kam es zu drei aussergerichtlichen Gesprächen die zwischen Dir. Judy und mir, im Beisein der jeweiligen Rechtsvertreter, am 30. November und 15. Dezember 1998, sowie am 15. Februar 1999 geführt wurden.Ohne auf prozeßrelevante rechtlichen Fragen einzugehen sei ein interessantes Detail der Einvernahme Habisons erwähnt: Nach Vorhaltung der Nutzungsvereinbarung meinte Zweigstellenleiter Habison: "wenn mir nunmehr Beilage ... sowie die Präambel vorgehalten wird, so gebe ich dazu an: aus der Nutzungsvereinbarung lese ich nicht heraus, daß der Verein keine vereinsfremden Personen in die Kuffner-Sternwarte hineinführen darf, jedoch bin ich entschieden dagegen, daß vom Verein Veranstaltungen durchgeführt werden, die das Programm der Volkshochschule stören" (Protokoll vom 5. Juni 1998). Im Laufe der Einvernahmen wurden auch einige andere wichtige Fragen klarer, für die auf die Protokolle verwiesen wird.
Nach dem letzten Gerichtstermin im Herbst 1998 (3.Sept.) hatte ich Dir. Judy wegen erneuter Zeitkontingentsdiskussionen angesprochen, die wegen einer Erkrankung des Zweigstellenleiters Habison erst ab November stattfanden. Die Kanzlei Lansky hatte daraufhin eine neue Vorgangsweise vorgeschlagen. Man sollte sich von allen bisherigen Zeitkontingententwürfen entfernen, ausschließlich das Zeitkontingent auf der Basis des Ist-Zustandes des damals vergangenen Halbjahres, d.h. (Mai-Okt 1998), und gemeinsam mit Anwälten verhandeln. Lansky regte in dem Schreiben auch an, daß beide Seiten eine Darstellung des relevanten Ist-Zustandes für die Gespräche vorbereiten sollten. Auf der Suche nach Quellen für den Ist-Zustand, die für beide Seiten außer Frage stehen, bin ich auf die Anwesenheitsbücher gestoßen die von der VHS-Zweigstelle für Anwesenheitseintragungen von Verein Kuffner-Sternwarte und Zweigstellenmitarbeitern aufgelegt werden. Zentral ist dabei das Anwesenheitsbuch am großen Refraktor. Denn im wesentlichen besteht nur dort Uneinigkeit über die Zeitverteilung. Daraus folgt:
Beim letzten außergerichtlichen Verhandlungstermin, am 15. Februar 1999 habe ich noch vorgeschlagen, zum Versuch eines Interessensausgleiches in Bezug auf die Refraktorzeiten eine beiderseitige quantitative Bewertung der verschiedenen möglichen Zeiten am Refraktor vorzunehmen. Das sollte für den Verein so aussehen, daß "Dunkelzeit" höher bewertet würde als Zeit mit z.B. Vollmond, während die VHS-Zweigstelle kommerziell wichtigere Termine entsprechend höher bewerten könnte (zur Zeit werden vor allem sehr helle Objekte wie der Mond in den VHS-Fuehrungen gezeigt). Auf der Basis dieses Konzeptes hätte ein Interessensausgleich stattfinden können. Der Vorschlag wurde aber letztlich mit der Begründung abgelehnt, daß diese Berechnungen von einer astronomischen Nutzung des Refraktors ausgingen, was nicht selbstverständlich sei. Eine von mir erbetene Klarstellung, daß die Nutzung des Refraktors in der Tat für astronomische Zwecke beabsichtigt sei wurde nicht gegeben. Nach dem Ende der Gespräche wird die nächste Streitverhandlung am Bezirksgericht Hernals am 1. April stattfinden.
- Ist-Zustand der Sternwartenutzung: Aus der Analyse der Anwesenheitsbücher (R. Greiner, A. Schneider) ergeben sich für den Refraktor folgende Benutzungslasten für die Zweigstelle: Der Refraktor wurde in 6 Monaten 91 mal benutzt. Rechnet man für die öffentlichen regelmäßigen Führungstermine (Di, Fr, Sa (2x)) jeweils eine Refraktornutzung (auch bei Schlechtwetter wird das Fernrohr gezeigt) so ergibt sich ein Bedarf von 96 Refraktoranwesenheiten. D.h. die de facto Nutzung, inklusive aller Kurse, Sonderführungen, Vermietungen, Symposien der Zweigstelle ergibt weniger Zusatzbedarf, als durch Absagen ihrer regelmässiger Führungen etc. frei wird. Da der Refraktor nach den Anwesenheitsbüchern im Median 45 Minuten bei Zweigstellenführungen verwendet wird ergeben sich selbst an Di., Fr., Sa. im Jahresmittel ein Faktor 3-4 an zusätzlicher bisher ungenutzter freier Refraktorzeit. (Es besteht in den aktuellen Vorschlägen Einvernehmen darüber, daß Di., Fr., Sa. der Refr. aussschließlich der Zweigstelle zur Verfügung stehen soll). Für die VHS-Kurse (Mo, Mi) besteht auf der Sternwarte zur Zeit eine Vereinbarung, daß die Zweigstelle ein etwa einstündiges Fenster zur Refraktornutzung für Kursteilnehmer erhält, das nach Absprache zeitlich verschoben werden kann.
- Unser Vorschlag vom 15. Dezember: Der Verein schlägt vor, die strittigen Mo, Mi, Do am Refraktor so aufzuteilen, daß dies genau dem Ist-Zustand am Mo und Mi entspricht, d.h. Refraktornutzung am Abend durch den Verein mit einem 45-Minuten-"Fenster" für Kurse und Sonderführungen.
Astronomische Tätigkeiten
Rückgrat der Vereinsbeobachtungstätigkeit war wieder die von Ralf Greiner organisierte "Offene Sternwarte". Die Unsichherheit in Bezug auf die Verfügbarkeit des Refraktors und manchmal kurzfirstig angesetzte Sonderführungen seitens der Zweigstelle stellen für die Organisation und Durchführung der "Offenen Sternwarte" eine Herausforderung dar, die besonderes Geschick in der Abstimmung von Vereins- und Zweigstellenveranstaltungen erfordert. Die Garantie der Fernrohrzeit für die "Offene Sterwarte" ist wohl der dringlichste Grund für einen ehebaldigsten Abschluß eines Zeitkontingents. Wegen des mangelnden Zeitkontingentes mußte die Astronomische Fachgruppe (Organisation B. Aringer) weiterhin außerhalb der Sternwarte, am Institut für Astronomie abgehalten werden. Ein Schwerpunkt waren auch die Beobachtungen unter dunklem Himmel (Org.: Pretulalpe, B. Aringer, Sophienalphe W. Koprolin). Informations Arbeitsgruppe (Gastgeberin S. Plank) und Planetenarbeitsgruppe (G. Wuchterl) trafen sich jeweils im zweiwöchigen Rhythmus auf der Sternwarte. Die Vereins-Homepage (http://kuffner-sternwarte.at/) wurde neu gestaltet (A. Schneider) und erreichte zwischen 15 und 20 Klicks pro Tag. Mit den Vorbereitungen auf die Sonnenfinsternis wurde begonnen (R. Greiner, A. Schwank, M. Sloboda, G. Wuchterl; Projekt Eclipse 1999 mit Heliotop: http://www.astro.univie.ac.at/~wuchterl/Eclipse/).Astronomische Instrumente
Der Zustand der Instrumente (siehe Bericht des technischen Leiters) wurde überwacht und für immer noch äußerst mangelhaft (Aufstellungsfehler, Nachführung, z.T.Optik) befunden (R. Greiner, W. Koprolin, G. Wuchterl). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Restaurierung von Heliometer, Vertikal- und Meridiankreis noch immer nicht beendet wurde. Das Meridiankreisinstrument wurde, im Auftrag der Zweistelle, demontiert und das Vertikalkreisinstrument befindet sich, laut Auskunft des Zweigstellenleiteres Habison, in Kisten verpackt im Haus.
Günther Wuchterl
Leiter der Sternwarte
Wien, 22. März 1999HOME