Die Tage vor der Finsternis
Ich reiste bereits am Freitag, dem 6. August, in das Finsternisgebiet, um eine Tagung zu besuchen, die sich anläßlich der bevorstehenden Ereignisse mit der Natur des Teufelssteins beschäftigte. Dieser würde nämlich am 11. August nicht sehr weit von der Zentrallinie entfernt sein. Im wesentlichen ging es bei dem Treffen von Fachleuten aus verschiedenen Gebieten wie Archäologie, Astronomie, Geologie und Statistik darum, ob die am Gipfel befindliche Felsformation in früherer Zeit als astronomisches Monument diente oder nicht. Ohne jetzt die in den Proceedings publizierten Inhalte vorwegnehmen zu wollen, kann ich sagen, daß die Experten in dieser Frage keine wirkliche Einigung erzielten. Aber es waren zumindest fast alle Vorträge recht interessant, was man von astronomischen Konferenzen nicht immer behaupten darf, und Vertreter aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen haben ihre Standpunkte ausgetauscht. Die Tagung fand in St.Jakob im Walde statt, das nicht weit von der Pretul entfernt im Joglland liegt. Das Wetter gestaltete sich von Freitag bis Sonntag sehr ähnlich: In der Früh war es relativ schön und oft sogar sonnig, am Nachmittag bildeten sich dann ziemlich schnell beeindruckende Cumulustürme, und etwas später gab es heftige Gewitter, die von infernalischen Wolkenbrüchen und teilweise von Hagel begleitet wurden. In der Nacht besserte sich das Wetter wieder, und die Bewölkung machte langsam einem prächtigen dunklen Sternenhimmel Platz, welchen wir am Heimweg von den Nachsitzungen des Symposiums bewundern konnten. Am Samstag fuhren alle Teilnehmer zu einer Exkursion auf den Teufelsstein, die hier in einigen Bildern festgehalten ist. Bleibt noch zu erwähnen, daß man die Finsternis auch in den Fischbacher Alpen an den drei Tagen gut gesehen hätte, weil sich die Quellwolken erst immer später bildeten.
Beobachtungszeit: 8.8.-9.8.1999, 22:00-1:10 (MESZ)
Beobachtungsplatz: Pretul, Steiermark, 1600m
Beobachter: B. Aringer, R. Loidl, M. Schultheis und etwa 30 Gäste
Am Sonntag ging es dann auf die Pretul. Als wir dort ankamen, gab es natürlich wieder gerade ein Gewitter. Es klarte allerdings schon ziemlich bald danach auf, und bereits ab 22:00 begannen wir mit der Beobachtung, wobei mein SC2000/203-Teleskop eingesetzt wurde. Die Bedingungen waren ausgezeichnet, und am sehr dunklen Himmel, der nur mehr zu etwa 10 bis 30% von Wolken verdeckt wurde, leuchtete das Band der Milchstraße, welches sich hell und mit vielen Details fast bis zum Horizont erkennen ließ. Die visuelle Grenzgröße für Spektraltypen zwischen F und G betrug bei mir ungefähr 6.8 mag. Es war auch nicht besonders kalt. Weil auf der Pretul während der Zeit um die Finsternis Soldaten des österreichischen Bundesheers im Rahmen einer Übung einquartiert waren, hatten wir bei der Beobachtung recht viele mehr oder weniger freiwillige Gäste, für die der Blick auf den gestirnten Himmel eine willkommene Abwechslung im etwas langweiligen Alltag bot (Niemand versuchte die Pretul anzugreifen.). Für etliche handelte es sich wohl um den ersten näheren Kontakt mit einem astronomischen Fernrohr, und das Interesse war entsprechend groß, wie ich den zahlreichen gestellten Fragen entnehmen konnte. Die "Führung" dauerte etwas mehr als 3 Stunden, und wurde dadurch beendet, daß nach 1:00 von W her rasch Wolken aufzogen und einen erheblichen Teil des Himmels bedeckten. Weitere Informationen findet man in meinem Protokoll.
Am Montag war das Wetter den ganzen Tag lang sehr schön, und es scheinte fast ständig die Sonne. Wir machten einen Ausflug in den Westen, der uns durch das Salzatal und über den Hengstpaß sowie den Phyrnpaß nach Liezen und Admont führte. Anschließend ging es durch das Gesäuse und über Eisenerz bis Kindberg, wo ich um 19:30 in der Georgenbergkirche einen Vortrag über die Sonnenfinsternis hielt. Danach gab es in einem nahen Gasthof noch ein Abendessen mit den Mitgliedern des Vereins, der dieses historische Gebäude erhält und renoviert. Sehr spät kehrten wir über das Alpl auf die Pretul zurück, die wir erst weit nach Mitternacht erreichten. Während der Fahrt konnte man im N immer wieder ein intensives Wetterleuchten beobachten. Sobald wir beim Roseggerhaus angekommen waren, bot sich uns ein wunderbares Naturschauspiel: Am ziemlich dunklen und kaum bewölkten Himmel funkelten viele Sterne, und die helle Milchstraße war fast bis zum Horizont zu sehen. Nur tief im NO stand ein großer Gewitterturm, der ständig von Blitzen ausgeleuchtet wurde, die oft im Sekundentakt in ihm aufzuckten. Gleich daneben befanden sich die Plejaden sowie Saturn und Jupiter. Einfach ein unglaublicher Anblick! Leider ging mir beim Versuch das Geschehen zu fotografieren eine der beiden Kameras, die ich für die Finsternis mitgenommen hatte, kaputt, was eher unangenehm war. Vom Fenster meines Zimmers beobachtete ich das langsam abziehende Gewitter noch für einige Zeit.
Am Dienstag war es schon ab dem frühen Morgen stark bewölkt, und man hätte die Finsternis wohl zum ersten Mal nicht gesehen. Wir fuhren nach Mürzzuschlag um meine defekte Kamera zu ersetzen. Während ich mich dort im Fotogeschäft aufhielt, was etwa eine halbe Stunde dauerte, ehe ich das richtige Gerät für mich gefunden hatte, kamen ständig Leute herein, die nach Finsternisbrillen fragten, welche natürlich bereits lange ausverkauft waren. Es werden in dieser kurzen Zeit wohl über hundert Personen gewesen sein, die teilweise sehr enttäuscht reagierten. Gegen Mittag kehrten wir auf die Pretul zurück, und ich begann meine Fernrohre und Feldstecher herzurichten. Noch 24 Stunden bis zum großen Ereignis! Später gab es dann wieder ein Gewitter mit heftigem Regen und Hagel, das den Durchgang einer Kaltfront markierte. Recht bald danach klarte es jedoch auf, und uns wurde eine wunderschöne Abendstimmung geboten. Im O sah man noch die dunklen Wolken der abziehenden Front und zeitweise einen Regenbogen. Im W zeigte sich schon die sehr tief stehende Sonne, die das von Nebelschwaden bedeckte Mürztal in ein herrliches Licht tauchte. Leider hatte es bei dem Gewitter auch ziemlich stark abgekühlt, und ein eisiger Wind blies über die Pretul. Im Gras fand man noch Reste des Hagels, die den Regen überstanden hatten.
Die Nacht vor der Finsternis
Beobachtungszeit: 10.8.-11.8.1999, 23:00-2:30 (MESZ)
Beobachtungsplatz: Pretul, Steiermark, 1600m
Beobachter: B. Aringer, K. Glock, W. Glock, B. Hermann, R. Hermann,
U. Hermann, W. Koprolin, S. Plank, M. Schultheis und etwa 10 Gäste
Nach und nach trafen nun auf der Hütte auch jene Gäste ein, die sich über unseren Verein bereits für die Nacht vor der Finsternis auf der Pretul angemeldet hatten. Das waren insgesamt etwa 25 Leute. Aufgrund der Einquartierung des Bundesheers gab es leider nicht mehr Platz. Daneben waren noch zwei Filmteams anwesend, die das große Naturschauspiel an einem Ort mit hervorragender Aussicht festhalten wollten. Gegen 20:00 hielt ich dann vor ungefähr 40 Besuchern, unter denen sich auch wieder etliche unserer Landesverteidiger befanden, zum letzten Mal meinen Finsternisvortrag. Im Anschluß daran zeigte ich astronomische Dias, weil es draussen noch immer recht bewölkt war. Erst um 23:00 begannen wir mit der Beobachtung, bei der wir wegen des kalten windigen Wetters nicht so viele Gäste hatten. Außerdem ging so mancher unserer Teilnehmer früh ins Bett um am nächsten Tag fit zu sein. Und auch vom Bundesheer waren nur wenige Leute da. Obwohl noch immer 20 bis 50% des Himmels von Wolken bedeckt wurden, herrschten halbwegs gute Bedingungen. Es war extrem klar und gab selbst in Horizontnähe praktisch keinen Dunst. Am dunklen Firmament leuchtete die helle Milchstraße, in der man viele Details erkennen konnte. Das Seeing war durch den Wind eher schlecht, und die Sterne funkelten stark. Ich beobachtete wieder mit meinem SC2000/203-Teleskop, wobei man weitere Informationen im Protokoll findet. Auch Walter Koprolin hatte eines seiner Fernrohre aufgestellt. Was er alles angeschaut hat, kann man seinem Bericht entnehmen. Gegen Ende der Beobachtung sahen wir im S ein Gewitter mit sehr schönen Blitzen in den Wolken, welches sich langsam näherte. Das bedeutete leider nichts Gutes für den nächsten Tag. Um 2:30 war dann Schluß für diese Nacht.
Die Finsternis
Beobachtungszeit: 11.8.1999, 11:10-14:10 (MESZ)
Beobachtungsplatz: Pretul, Steiermark, 1600m
Beobachter: B. Aringer, K. Glock, W. Glock, B. Hermann, R. Hermann,
U. Hermann, W. Koprolin, M. Pflug, S. Plank, M. Schultheis und etwa 300
Gäste
Als ich am Mittwoch um 7:00 aufstand und noch etwas verschlafen aus dem Fenster blickte, war der Schock recht groß: Der Himmel war vollkommen bedeckt, und es regnete stark. Immer wieder zog dichter Nebel über die Pretul. Wenn die tief hängenden Wolken die Sicht freigaben, erkannte man weit draussen im östlichen Flachland einen helleren Streifen mit besserem Wetter, der aber auch bald verschwand, womit ein Ausweichen in diese Gegend nicht mehr sinnvoll schien. Weil es tatsächlich in der gesamten Umgebung überall gleich schlecht war, und die Prognosen von W her Auflockerungen voraussagten, entschlossen wir uns zu bleiben. Dabei hatte ich jedoch nicht gerade ein gutes Gefühl: Ob die Wolken auf der Pretul auch wußten, was sie laut Wetterbericht tun sollten? Es wurde aber dann wirklich langsam besser, und nach 10:00 zeigte sich zum ersten Mal kurz die Sonne, die ja heute der Superstar war. Um 11:22 konnten wir den Beginn der partiellen Phase beobachten, was bei den zahlreichen bereits eingetroffenen Besuchern Jubel auslöste. Es gab jedoch noch immer viele Wolken, die auch im gesamten weiteren Verlauf der Finsternis etwa 60 bis 80% des Himmels bedeckten und die Sonne oft für einige Zeit ganz verschwinden ließen. Manchmal zogen sogar einzelne Nebelfetzen über uns hinweg, und es blieb bis zum Schluß sehr spannend, ob man die Totalität direkt sehen würde. Ohne dieses kleine Problem hätte man sich über die Wolken fast freuen können, da es wunderschön ausschaute, wenn sie je nach Höhe mit unterschiedlicher Geschwindigkeit als graue Schleier vor der Sonne vorbeiwanderten. Langsam trafen nun mehr und mehr Leute ein, wobei ihre Zahl am Ende etwa 300 betrug. Sogar ein Bus mit Pensionisten aus Wien kam an. Die Besucher pendelten zwischen den diversen aufgestellten Geräten, der Hütte und dem Gipfel der Pretul, wo allerdings ein kalter starker Wind blies, hin und her. Einige hatten auch selber Feldstecher und Teleskope mitgebracht. Wer noch Filterfolie brauchte, wurde von uns damit versorgt.
Natürlich hatte ich meine Ausrüstung schon lange vor dem ersten Kontakt aufgebaut. Darunter befand sich mein SC2000/203-Teleskop, auf dem eine Kamera mit einem 6.7/300-Objektiv nachgeführt wurde. Mit dieser habe ich die hier gezeigten Bilder der Sonne gemacht, zu denen man in meinem Protokoll weitere Informationen findet. Daneben hatte ich noch einen 1000/114-Newtonspiegel, einen 700/60-Refraktor und zwei Feldstecher mit 20x80 und 8x63. Alle diese Geräte waren für die partiellen Phasen im Bereich des Objektivs mit Sonnenfiltern ausgestattet. Auch von der Landschaft machte ich Dias, wobei ich Brennweiten zwischen 35 und 70 mm verwendete. Walter Koprolin hatte ebenfalls einige Instrumente aufgestellt. Womit er beobachtet und wie er die Finsternis erlebt hat, kann man in seinem Bericht nachlesen, der viele von ihm gewonnene schöne Fotos enthält. Am Gipfel der Pretul nahm das Team der SOFI-Videoproduktion die Sonne, den Himmel und die Umgebung mit mehreren Filmkameras auf. Aus dem Material ist mittlerweile eine beeindruckende Dokumentation geworden. Nun folgen aber meine Beobachtungen von der Finsternis, die man auch in meinem Protokoll findet.
11:22 (10:22) Beginn der partiellen Phase; In den diversen Teleskopen und im FS20x80 waren etliche Sonnenflecken sichtbar, die im Verlauf der Finsternis nach und nach vom Mond verdeckt wurden. Immer wieder zogen Wolken durch und ließen die Sonne teilweise verschwinden. Die Beobachtung erfolgte auch mit freiem Auge durch Filterfolie.
12:30 (11:30) etwa 90% der Sonne bedeckt; Es begann langsam dunkler zu werden. Die Sonnensichel konnte zeitweise durch Wolken mit dem freien Auge ohne Filter beobachtet werden, was einen schönen Anblick bot.
12:40 (11:40) nur mehr schmale Sonnensichel zu sehen; Es wurde merklich dunkler. Wolken und Umgebung erschienen in einem bleigrauen Licht. Immer wieder zogen auch Wolken vor der Sonne vorbei.
12:44:00 (11:44:00) kurz vor Beginn der totalen Phase; Im W erschienen die teilweise recht dicken Wolken als eine ziemlich dunkle blau-graue Wand, die mit der Landschaft verschmolz und rasch eine Höhe von etwa 50 bis 70 Grad erreichte. Es wurde nun sehr schnell finster, und bald leuchtete neben der schwarzen Mondscheibe der Diamantring auf, den die Leute laut bejubelten.
12:44:38 (11:44:38) Beginn der totalen Phase; Der Diamantring verlosch nach einigen Sekunden, und gleichzeitig leuchtete etwa 10 Grad im O der Sonne sehr rasch die Venus hell auf. Merkur und Sterne waren nicht zu sehen, was an der im Vergleich zu einer Vollmondnacht doch noch erheblichen Helligkeit des Himmels und an den Wolken lag. Letztere störten den Blick auf die verdunkelte Sonne etwas. Mit dem freien Auge erkannte man um die schwarze Mondscheibe das weiße Licht der runden eher schmalen Korona, die maximal vielleicht 0.4 Grad breit zu beobachten war. In diese eingelagert sah man Protuberanzen, die als kleine rosarote Flecken erschienen. Eine davon ließ sich besonders gut erkennen.
12:46:58 (11:46:58) Ende der totalen Phase; Der Diamantring erschien, und es wurde wieder rasch heller. Den abziehenden Schatten konnte man noch für kurze Zeit beobachten, da er im O Wolken und Landschaft verdunkelte. Die meisten Besucher gingen nun bald in die Hütte oder fuhren gleich nach Hause. Auch bei den folgenden partiellen Phasen zogen teilweise Wolken vor der Sonne durch. Nach und nach tauchten die Sonnenflecken wieder auf.
14:08 (13:08) Ende der partiellen Phase;
Schon bald nach dem Ende der Finsternis verließen die meisten meiner Helfer und Gäste die Pretul. Sowohl auf dem Platz vor der als auch in der Hütte wurde es schnell ruhiger. Nur mehr die Leute vom Bundesheer und einige Wanderer waren zu sehen. Der Himmel blieb an diesem Nachmittag weiterhin eher bewölkt, wobei sich manchmal die Sonne kurz zeigte. Erst am Abend klarte es dann wieder ziemlich auf. Es gab aber keine Beobachtung, weil es recht kalt und windig war. Außerdem hatten mich die Ereignisse der letzten Tage müde gemacht, und ich ging bald ins Bett.
Am nächsten Tag verstaute ich mein großes Teleskop und traf mich mit einigen italienischen Amateurastronomen, die die Finsternis in Vorau erfolgreich beobachtet hatten. Gegen Mittag verließ ich dann die Pretul, wobei ich über die Moschalm und den Poldlbauern nach Mürzzuschlag wanderte, von wo aus es mit dem Zug zurück nach Wien ging. Das Wetter war nicht gerade schön, und manchmal regnete es sogar kurz. Wegen der vielen Wolken hätte man die Finsternis wohl nicht gesehen.
Abschließend möchte ich mich noch bei allen Leuten bedanken, die mir sehr geholfen und damit ganz wesentlich zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Das sind Brigitte Hermann, Robert Hermann, Walter Koprolin, Susanne Plank, die einen eigenen Bericht geschrieben hat, Mathias Schultheis sowie die Wirtsleute Hertha und Kurt Fischer. Ich freue mich aber auch schon auf die nächste Finsternis, bei der ich mich nicht intensiv um viele Besucher kümmern muß und selber mehr die Sonne beobachten kann.