VENUSTRANSIT
8. Juni 2004
1874 Die ersten Fotos


Warten auf den Venustransit 1874 in Eden
Quelle:"Observations of the Transit of Venus 9th December 1874", Henry Chamberlain Russell
 

Im 19. Jahrhundert war man fest davon überzeugt mit neuen Methoden bessere Messergebnisse zu erzielen. 1874 wurden mehr als 50 Expeditionen entsendet (Liste der Expeditionen IMCCE ). Die Forschungsreisen gingen unter anderem nach Australien, Neuseeland, China und auf die Kerguelen. Viele Wissenschaftler setzten ihre ganze Hoffnung jetzt in das Heliometer. Andere setzten auf die Fotografie. Die Firma Repsold baute ein 5 Fuß Heliometer für eine der fünf Deutschen Venus-Transit-Expeditionen.

In Mitteleuropa war dieser Transit übrigens nicht zu sehen. Nur in Südosteuropa konnte das Ende des Ereignisses mitverfolgt werden. Die beiden Astronomen Theodor von Oppolzer (1841-1886), ab 1875 Professor an der Universitätssternwarte Wien und Edmund Weiss, ab 1877 Direktor der Sternwarte, konnten am Morgen des 9. Dezember von ihrem Standort in Rumänien gerade noch das Ende des Transits beobachten:

Beobachtung des Venusdurchganges in Jassy von Prof. E. Weiss und Prof. Th. v. Oppolzer

In Jassy, wo das Ende des Venusdurchganges sichtbar war, konnten wir den zweiten inneren Contact wegen aufsteigender Nebelmassen nicht beobachten; für den zweiten äusseren Contact erhielten wir.
M. Zeit. JassyBeobachterObjectivöffnungVergr.
20h25m49s.7Weiss45 paris. Linien60
20h25m56s.7Oppolzer48 paris. Linien60
Diese Angaben sind wegen der grossen Unruhe der Bilder einigermassen unsicher; nach unserer Ansicht wahrscheinlich zu früh angesetzt.
Astronomische Nachrichten, volume 85, p.69; 00/1875

Auch der Venustransit im Jahre 1882 war in Europa nicht vollständig beobachtbar. Bevorzugte Ziele der Expeditionen waren diesmal die Südostküste Amerikas und Südamerika. Der belgische Astronom Houzeau reiste beispielsweise nach Texas, französische Expeditionen gingen unter anderem nach Argentinien und Uruguay. Und der deutsche Astronom Arthur von Auwers reiste nach Punta Arenas (Chile).
Den zahlreichen, durch die Tagesblätter mit grosser Schnelligkeit mitgeteilten, im Allgemeinen günstigen Nachrichten kann ich noch zufügen, dass die deutsche Expedition nach Punta Arenas einen vorzüglichen Erfolg gehabt hat. Es sind 9 Sätze heliometrischer Messungen gelungen, sowie die beiden äusseren und der letzte innere Contact beobachtet worden.
Prof. Dr. A. Krueger (Herausgeber der Astronomischen Nachrichten)
Astronomische Nachrichten, volume 104, p.111; 00/1883


Der Beginn dieses Transits wurde aber auch an vielen Sternwarten Europas beobachtet. In Wien waren Beobachtungen unmöglich, da offenbar am 6. Dezember den ganzen Tag über Nebel herrschte. In den Annalen der Universitäts-Sternwarte finden sich unter den Wettereintragungen für 7, 14 und 21 Uhr Vermerke für Nebel bei Temperaturen um 0 Grad und Luftfeuchtigkeit von nahezu 100% bei leichtem Südost-Wind. Vermerkt ist Frostnebel, also gefrierender Nebel, abends Nieselregen und Glatteis. Hugo v. Seeliger, der auf der Sternwarte München an einem Fraunhofer beobachtete, hatte mehr Glück. Kurz vor Eintritt der Venus in die Sonnenscheibe hellte der vorher noch vollständig mit Wolken bedeckte Himmel auf. Besonders beeindruckt hatte ihn die Erscheinung der Venusatmosphäre (erste Beschreibung stammt von Lomonosov 1761):

Abb. 1
Bereits um 2h56m sah ich die ganze Venusscheibe auch ausserhalb der Sonne sich als dunkle Fläche projezieren. Um 2h58m fing sich ein Lichtbogen von 90° Länge längs des südlichen ausserhalb der Sonne befindlichen Venusrandes zu bilden an. Um 2h58m40s war der ganze äussere Venusrand durch einen hellen feinen Lichtbogen kenntlich, der an Intensität zunahm und um 3h1m in geradezu überraschender Deutlichkeit sich darstellte.
Beobachtung des Venusdurchganges auf der Sternwarte München, Hugo v. Seeliger
Astronomische Nachrichten, volume 104, p.95; 00/1883


Prof. H. C. Vogel, der den Eintritt am grossen Refraktor in Potsdam beobachtet hatte, beschrieb dieses Phänomen ganz ähnlich. Und auch er war in hohem Grade überrascht von der Deutlichkeit, mit der jener Schein aufzutreten pflegt.

Prof. J. A. C. Oudemans, Direktor der Sternwarte in Utrecht, hatte weniger Glück:
Zu Utrecht ist die Sonne nur während einiger Minuten sichtbar gewesen, und zwar mitten zwischen dem 1. und 2. Contact; hiervon verlor ich noch einen Theil, weil die Sonne sich hinter dem Windzeigermast des met. Instituts in unmittelbarer Nähe der Sternwarte verbarg;
Der Venus-Durchgang 1882 Dec. 6., Prof. J. A. C. Oudemans
Astronomische Nachrichten, volume 104, p.159; 00/1883

Einen Moment lang konnte Oudemans aber dennoch deutlich die leuchtende Venusatmosphäre sehen.

Die gewünschte Genauigkeit bei der Ermittlung der Astronomischen Einheit (AE) in Kilometern brachten aber auch die beiden Transit-Expeditionen, 1874 und 1882 nicht.
Aus den Messungen der beiden Venusdurchgänge 1874/1882 ermittelte Newcomb 149,59±0,31 Mill. km, womit er erstaunlich nahe an den aktuellen Wert herankam. Aber der Fehler lag immer noch bei 300 000 km, was fast dem Abstand Erde/Mond entspricht.

Als Gustav Witt am 13. August 1898 in Berlin den Kleinplaneten Eros entdeckte, tat sich eine neue Chance auf. Schon Jahre zuvor machte Johann Gottfried Galle (1812-1910), der Entdecker des Planeten Neptun, den Vorschlag nahe Vorbeiflüge von Planetoiden für die Messung zu verwenden. Aus den Beobachtungen des Kleinplaneten Flora während der Opposition 1873, die an verschiedenen Sternwarten der nördlichen und südlichen Halbkugel ausgeführt wurden, ermittelte Galle den Wert 8,87'' (148.26 Mill. km ) für die Sonnenparallaxe. Auwers und Gill nützten die günstigen Oppositionen der Kleinplaneten Iris (1888) sowie Victoria und Sappho (1889). Aus diesen Beobachtungen ermittelten sie den Wert 8,80'' für die Sonnenparallaxe, was einer Entfernung von 149,5 Mill. km entspricht.

Die erste günstige Opposition des Kleinplaneten Eros nach seiner Entdeckung fand 1900/01 statt. Zahlreiche Sternwarten hatten sich an diesen Eros-Beobachtungen beteiligt um durch mikrometrische und photographische Ortsbestimmungen die Parallaxe des Eros und somit die der Sonne zu bestimmen. Der englische Astronom Hinks ermittelte aus den Beobachtungen einen Wert von 8,806'' (149.39 Mill. km), wobei er die Unsicherheit auf 0,002'' bis 0,003'' schätzte.
Das Ergebnis weiterer Messungen gab Harold Spencer Jones im Jahre 1941 bekannt: 149 668 465 Mill. km. Die Genauigkeit dieser Messungen wurde erst viele Jahre später durch eine neue Methode übertroffen.
Und zwar mit Hilfe der Radartechnologie, die man heute allgemein verwendet um Distanzen im Sonnensystem zu ermitteln. Die Laufzeit elektromagnetischer Wellen lässt sich sehr exakt messen. Man schickt beispielsweise einen Radarimpuls Richtung Venus bzw. Merkur und misst die Zeit bis das Radarecho bei der Erde wieder ankommt.

Mittels Radar ermittelte man schließlich den aktuellen Wert von 149 597 870,691±0,030 Mill. km. Das heißt, heute kennt man die mittlere Entfernung zwischen Erde und Sonne auf 30 Meter genau.


Abb. 2

Die Messungen der Venusdurchgänge führten zwar nicht zu den erhofften Ergebnissen, 1874 gelangen aber die ersten Fotos von einem Venustransit. Der Franzose Jules Janssen (1824-1907) fotografierte beispielsweise den Transit in Japan.


Ein Venustransit-Foto von Janssen ist auch unter: http://www.ras.org.uk/html/library/ (RAS Library) zu finden

Bereits am 23. März 1840 wurde zum ersten Mal ein Foto von unserem Mond aufgenommen. 1845 entstand das erste Foto von der Sonne und am 17. Juli 1850 wurde als erster Stern Vega fotografiert.
Quelle: AIAA


Abb. 3
Von den amerikanischen Transit-Expeditionen aus dem Jahre 1874 hat keine einzige der alten Fotoplatten überlebt. 11 Platten vom Venustransit 1882 sind aber noch erhalten.

Der australische Astronom Henry Chamberlain Russell (1836 - 1907) publizierte 1892 sein Buch "Observations of the Transit of Venus 9th December 1874". Einige Illustrationen aus diesem Buch finden sie hier.

Abbildung 1: Mr. Russell`s observations, showing "Ring of Light"
Bildquelle:
"Observations of the Transit of Venus 9th December 1874", Henry Chamberlain Russell


Abbildung 2: Jules Janssen; Venustransit, 9. Dezember 1874
Bildquelle:
Chronophotographical Projections


Abbildung 3: Venustransit, 6. Dezember 1882
Bildquelle: U.S. Naval Observatory



Referenzen:

Observations of the Transit of Venus 9th December 1874, Henry Chamberlain Russell; Sydney 1892

Populäre Astronomie, Newcomb-Engelmann; Leipzig Verlag v. Wilhelm Engelmann 1922

Geschichte der Wissenschaften in Deutschland, 16. Band, Geschichte der Astronomie, Rudolf Wolf; München 1877

Venus in Transit, Eli Maor; Princeton University Press 2000
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